Fotovoltaik, bleifrei bitte

In herkömmlichen Solarmodulen wird das Umweltgift Blei in Lötstoffen eingesetzt. Im aktuellen Projekt in Villach werden stattdessen Klebstoffe genutzt.
In herkömmlichen Solarmodulen wird das Umweltgift Blei in Lötstoffen eingesetzt. Im aktuellen Projekt in Villach werden stattdessen Klebstoffe genutzt.Stadt Villach
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Die Stadt Villach initiiert neue Projekte für die erneuerbare Energiegewinnung. In umweltfreundlichen Fotovoltaikanlagen soll der Einsatz von Blei und Silber vermieden werden.

Villach zählt mit seinen 2000 Sonnenstunden im Jahr zu den sonnenreichsten Städten des Landes Kärnten und sogar ganz Österreichs. Damit will die Stadt punkten. Sie will sich die Weiterentwicklung erneuerbarer Energie auf ihre Fahnen schreiben und investiert dafür 200.000 Euro.

Konkret werden fünf Anlagen umgesetzt, die mehr als 100.000 Kilowattstunden pro Jahr bringen sollen. Das entspricht dem durchschnittlichen Energieverbrauch von 30 Haushalten pro Jahr. Vier Fotovoltaikanlagen entstehen auf stadteigenen Objekten: bei der Hauptfeuerwache, beim Wirtschaftshof, beim Veterinäramt und bei der Feuerwehr Drobollach. Zudem kommt eine Solarthermieanlage in das neue Sportzentrum in Landskron, die 60 Quadratmeter groß sein und zur Warmwasseraufbereitung in der Sportanlage genutzt werden wird.

Das Besondere: Eine dieser Anlagen ist ein wissenschaftliches, ökoeffizientes Vorzeigeprojekt, das in Kooperation mit dem Carinthian Tech Research (CTR), dem außeruniversitären Forschungszentrum für Intelligente Sensorik und Systemintegration in Villach, entsteht und neue umweltfreundliche Wege beschreitet. Denn in Drobollach wird die erste bleifreie Fotovoltaikanlage installiert.

„Bislang gab es von diesen neuen fortschrittlichen Solarmodulen einzelne Module bei uns auf dem Dach der CTR, mit denen wir gute Ergebnisse erzielen konnten“, so Christina Hirschl, Area Manager Smart Systems. „Mit der Anlage auf dem Dach der Drobollacher Feuerwehr möchten wir jedoch den Beweis antreten, dass unsere neu entwickelten PV-Module auch großanlagentauglich sind.“

Kleben statt mit Blei löten

Blei ist ein Umweltgift. Seit 2000 ist verbleites Motorenbenzin in der EU verboten. In der Herstellung von Fotovoltaikzellen hat es sich dennoch hartnäckig gehalten. Die Verbinderbändchen, die Solarzellen in Reihe verschalten, werden standardmäßig verlötet, und zwar mit bleihältigen Lötmitteln. „Es gibt schon bleifreie Lötstoffe. Doch diese müssen bei höheren Temperaturen verarbeitet werden, wobei eine Löttemperatur um die 250 Grad Celsius erreicht wird. Diese hohe Temperatur erzeugt aber eine Materialspannung, die wiederum eine höhere Bruchrate bei der Zellverbindung verursacht“, erklärt Christina Hirschl. Deshalb ist die Fotovoltaik vom Bleiverbot und von der RoHS-Richtlinie zur Beschränkung gefährlicher Stoffe in Elektrogeräten ausgenommen. „Um PV-Zellen bleifrei zu bekommen, mussten wir einen anderen Weg einschlagen,“ so Hirschl. Es wird nicht mehr gelötet, sondern geklebt.

Im Rahmen des europäischen Forschungsprojektes Inno-Modu wurde nicht nur an bleifreien, sondern auch an silberarmen Solarmodulen geforscht. „Die ersten Versuche sind sehr vielversprechend, aber es ist noch zu früh, um in Serie zu produzieren“, so Hirschl. Um silberarme Module herzustellen, müssen neue Zelltechnologien verwendet werden und auch die Klebstoffe silberfrei sein.

Nun könnten Kundige sagen, Silber ist einer der besten Leiter, aber Kupfer steht Silber in der Leitfähigkeit um fast nichts nach – warum ersetzt man Silber nicht durch Kupfer? Das stimmt, lautet die Antwort. Man muss aber den Zusatz anfügen, dass Kupfer den Halbleiter zerstört und daher immer eine Trennschicht zwischen Silizium und Kupfer existieren muss. „Da befinden wir uns noch im Entwicklungsstadium“, so Hirschl.

Die totale Reflexion

Ein weiterer Vorteil der neuen Module ist, dass die Verbinderbändchen nicht mehr wie herkömmlich flach sind, wodurch das Licht einfach reflektiert wird, sondern strukturiert, gerippt sind. Drei Prozent einer Standardsolarzellenfläche gehen damit zur Stromgenerierung verloren.

Durch die gerippte Struktur der neu designten Bändchen wird der physikalische Effekt der Totalreflexion ausgenutzt. Das Licht wird also nicht einfach aus dem Solarmodul hinausreflektiert, sondern in den Rippen so gebrochen, dass es durch Reflexion wieder auf aktive Zellflächen trifft und somit zur Stromerzeugung beitragen kann. Dadurch lässt sich ein Gewinn von 1,7 Prozent erzielen.

IN ZAHLEN

150 Milligramm Silber braucht man ungefähr für die Herstellung einer derzeit standardmäßig verwendeten Fotovoltaikzelle.

1000 Tonnen Silber braucht die PV-Industrie im Jahr. Das entspricht einem weltweiten Silberbedarf von 18 Prozent. Laut Prognosen wird dieser Bedarf bis zum Jahr 2020 auf 20 Prozent steigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2016)

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