Wölfe: Klug wie die Hunde

(c) APA (Wolf Science Center)
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Auch Wölfe verstehen Zeigegesten. Haben also Hunde oder Wölfe oder andere Tiere eine „theory of mind“, die Fähigkeit, sich in Gedanken anderer zu versetzen?

Hunde sind klug, jedes Herrl weiß es, die Forschung bestätigt es: Von allen Tieren verstehen nur Hunde, was es heißt, wenn ein Mensch auf verstecktes Futter deutet, sie gehen hin, selbst Schimpansen scheitern daran. Woher haben sie das, sind sie besonders lernfähig oder haben sie es ererbt, haben die frühen Züchter auf dieses Merkmal hin – soziale Kognition – ausgelesen und optimiert?

Das kann nur der Vergleich mit dem Ahnen klären, er fiel bisher zu deren Ungunsten aus: In den meisten Experimenten folgten Wölfe der weisenden Hand nicht. Aber es gab auch andere Befunde, deshalb hat eine ungarisch-österreichische Gruppe mit Friederike Range (Uni Wien) das Experiment verfeinert: „Am Boden stehen zwei undurchsichtige Container, in einem ist Futter. Aber beide riechen nach Futter, die Nase hilft nicht. Ein Experimentator steht zwischen den Containern und macht mit der Hand Zeigegesten.“ So berichtete es die Forscherin der „Presse“, und so macht sie es im „Wolf Science Center“ – aus dessen Alltag nebenan berichtet wird – auch selbst. Dabei geht es, bei aller Friedfertigkeit der handaufgezogenen Tiere, nicht ohne Blessuren ab.

Unterschiedliche Kooperation

Vor allem bei den halbwüchsigen Wölfen. Wenn der Experimentator aus kurzer Entfernung deutet (zehn Zentimeter, „close pointing“), schaffen das Hunde und Wölfe mit acht Wochen; ist die Entfernung größer (ein bis 1,5 Meter, „distant pointing“), schaffen es Hunde mit zwölf Wochen, Wölfe nicht. Aber mit zwölf Monaten schaffen sie es (ohne vorher den Test je gemacht zu haben). „In den geistigen Fähigkeiten gibt es keine Unterschiede“, erklärt Range, „aber in der Kooperation mit dem Menschen. Dafür hat die Domestikation gesorgt, Hunde nehmen eher Augenkontakt auf, sie sind entspannter.“ (PLoS ONE, 25.8.) Das kommt bei Wölfen erst mit dem Alter und der Gewöhnung an Menschen.

Haben also Hunde oder Wölfe oder andere Tiere eine „theory of mind“, die Fähigkeit, sich in Gedanken anderer zu versetzen? Solche Fragen versuchte die internationale Forschung bisher vor allem an Affen zu klären, aber sie kommt zusehends auf den Hund, viele Labors stellen um (Science, 325, S.1062). Ungarn und Österreich sind schon lange dort – beim Hund hat das den Vorteil, dass es bei Tests an Gratisfreiwilligen nicht mangelt –, sie sind nun auch beim nächsten Schritt an der Spitze, beim Wolf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2009)

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