Mit dem Lautsprecher ein Haus beheizen

(c) Erwin Wodicka
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Energie. Mit ihrem Projekt „thermoakustische Wärmepumpe“ loten Wissenschaftler der Forschung Burgenland technische Möglichkeiten aus, wie Gebäude mithilfe von Schall beheizt oder gekühlt werden könnten.

Auch wenn es wie eine Fantasterei klingen mag: Forscher halten es für durchaus realistisch, dass Lautsprecherheizungen eines Tages unsere Häuser auf Wohlfühltemperatur bringen; das heißt kühlen oder heizen. Das dahinterstehende physikalische Phänomen, wonach Wärme Schall erzeugen kann und umgekehrt, ist altbekannt und wurde bereits ausgangs des 18. Jahrhunderts beschrieben. Dass sich Forscher in den vergangenen Jahren zunehmend dafür interessierten, ist der modernen Bauphysik zu verdanken: Durch den geringeren Energiebedarf der Häuser von morgen werden auch Technologien mit geringerer Leistung interessant.

Ziel des vom Klimafonds des Lebens- und Technologieministeriums geförderten Projekts ist die praktische Anwendung in Form einer thermoakustischen Wärmepumpe. Werner Stutterecker, Leiter der Forschungsgruppe Wärmepumpen der Zukunft, bringt ihre Funktionsweise auf den Punkt: „Vereinfacht gesprochen ist es so, dass sich Gase erwärmen, wenn man sie verdichtet, und abkühlen, wenn man sie entspannt. Mithilfe von Schallwellen, die man z. B. mit einem Lautsprecher erzeugt, kann man diese Gase dazu bringen, Wärme an einem Punkt aufzunehmen und an einem anderen Punkt abzugeben.“

Der Prozess spielt sich in einer gasgefüllten sogenannten Resonanzröhre ab. In ihrem Inneren breitet sich, gespeist von einem Lautsprecher, die stehende, thermoakustische Welle aus. Dabei entsteht an den verdichteten Stellen ein höheres und an den entspannten Stellen ein niedrigeres Temperaturniveau. Wärme lässt sich so mittels zweier Wärmetauscher von einer Niedertemperaturquelle wie Erdwärme oder Abwärme aufnehmen, auf ein höheres Temperaturniveau übertragen und zum Heizen nutzen.

Gase statt Kältemittel

Projektleiter Thomas Schoberer verweist auf die Vorteile der potenziellen Zukunftstechnologie: „Eine thermoakustische Wärmepumpe arbeitet mit Gasen wie etwa Helium und benötigt deshalb keine klimarelevanten Kältemittel.“ Zudem erhoffen sich die Forscher, dass die Maschine aufgrund ihres einfachen Aufbaus und dank moderner Materialien in der Zukunft ohne großen Aufwand produziert werden kann. „Der einzige bewegte Teil des Systems wäre ein Lautsprecher, der jedoch elektrische Energie in Form von Strom benötigt“, so Schoberer. „Alternativ kann auch ein thermoakustischer Antrieb verwendet werden, sodass auch die akustische Welle selbst mittels thermoakustischen Effekts erzeugt wird. Das setzt allerdings hohe Ausgangstemperaturen voraus.“ Das Prinzip funktioniert also in beide Richtungen.

Gemeinsam mit dem Forschungsunternehmen Fotec sowie dem Wärmepumpenhersteller Heliotherm verfolgt Schoberer mehrere Ziele: Unter anderem sollen unterschiedliche thermoakustische Wärmepumpen-Konzepte entwickelt werden, die dann unter Laborbedingungen ihre Energieeffizienz innerhalb von Gebäuden unter Beweis stellen sollen. Laut Schoberer nähert sich die Leistungsfähigkeit thermoakustischer Systeme zunehmend jener herkömmlicher Wärmepumpen. „Die Herausforderungen liegen aber oft im Detail.“ Das Forschungsprojekt soll sich diesen widmen.

Ob sich in ferner Zukunft vielleicht sogar Straßen- oder Baustellenlärm in nutzbare Energie umwandeln ließe? Zu solchen Prognosen wollen sich die Wissenschaftler nicht hinreißen lassen. (tik)

LEXIKON

Gase und Geräusche. Im Jahr 1777 experimentierte der irische Chemiker Bryan Higgins mit einer Wasserstoffflamme, die er unter ein Glasrohr hielt, um zu zeigen, dass sich Wasser als Kondensat niederschlägt. Nicht gerechnet hatte er mit den „lieblichen Tönen“, die dabei entstanden. Wärme hatte Schall erzeugt, den Higgins als „singende Flammen“ bezeichnete. Die Demonstration verbreitete sich in wissbegierigen Kreisen Europas.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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