Wasserstoff per Sonnenwind: Ist der Mond pitschnass?

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Überall hat der Erdtrabant Spuren von Wasserstoff/Sauerstoffverbindungen. Forscher vermuten, dass Sonnenwind sie verursacht hat. Mit einer neuen Sonde soll jetzt Gewissheit geschaffen werden.

Weil sie nun einmal so aussahen, gab ihnen Giovanni Riccoli, Zeichner der ersten Mondkarte, 1651 den Namen „Maria“, „Meere“. Aber als die ersten Menschen 1969 durch das Meer der Ruhe spazierten, war alles staubtrocken, man hatte es erwartet, der Mond galt als wasserlos. Zwar fanden sich Spuren in Gestein, das die Apollo-Missionen mitbrachten, aber die interpretierte man als Verunreinigung: Die Behälter, in denen das Mondgestein transportiert wurde, waren nicht dicht, auf der Erde konnte Luft hinein, feuchte Luft im Nasa-Sitz Houston.

1999 fand sich wieder eine Spur, der Astronomin Faith Villas gingen beim Betrachten von Fotos des Mondes die Augen über: Als sie besonderes Infrarot herausfilterte, zeigten sich am Südpol Zeichen von etwas, was bei Asteroiden Phyllosilikate indiziert, das sind Gesteine, die zur Entstehung Wasser und Wärme brauchen. Aber die Botschaft fand kein Gehör, erst 2008 konnte sie publiziert werden. (Earth Planets Space, 60, S.67)

Dusche von der Sonne

Das war gerade noch rechtzeitig: Inzwischen haben gleich drei Sonden Zeichen davon gefunden, dass es überall auf dem Mond Wasserstoff/Sauerstoffverbindungen gibt. Die erste war die indische Chandrayaan-1 (diesen August ging sie nach nur zehn Monaten verloren): Sie maß Reflexionen von Sonnenlicht durch Mondgestein und wurde bei einer Wellenlänge fündig, die auf H/O-Verbindungen deutet, das kann Wasser sein (H2O) oder Hydroxil (OH). Zur Klärung fragte man bei der Nasa nach, die mit zwei Sonden ähnliche Messungen unternommen hatte. Sie fand dieselbe Signatur und war sich sicherer, dass es Wasser ist. Aber woher soll es kommen, selbst in Regionen, in denen die Sonne glühend auf den (atmosphärelosen) Mond brennt?

Von der Sonne, vermuten die Forscher. Die schickt mit ihrem „Wind“ Protonen, Wasserstoffionen. Und die könnten aus Mondgestein Sauerstoff herausschlagen und sich mit ihm zusammentun. Immer wieder: Das Wasser auf dem Mond kommt und geht mit dem Mondtag (29,5 Erdtage). Und es wandert vermutlich, in kalte Regionen, an die Pole (Science, 24.9.). Dort hat man schon Wasserstoff gesichtet, dort könnte Eis lagern, in lichtlosen Kratertiefen ist es kälter als irgendwo sonst im Sonnensystem, 33 Grad Kelvin hat eine Nasa-Sonde gerade gemessen, minus 240,15 Celsius (Sciencenow, 17.9.). Sie hat auch Neutronen detektiert, die auf Wasserstoff deuten. Aber nicht dort, wo man ihn sucht: Am 9. Oktober will die Nasa eine Sonde in einen Krater krachen lassen – sie hofft, dass ausströmender Wasserdampf noch von der Erde beobachtet werden kann. Ausgerechnet dieser Krater zeigte jetzt keine Spur von Wasserstoff, die Nasa plant um. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2009)

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