Entdeckung eines neuen Immundefekts

Heilungschancen für einen seltenen Gendefekt.

Am Beginn stand ein zwölfjähriger Patient, der seit seiner Geburt mit einer lebensbedrohenden Infektion der Atemwege zu kämpfen hatte. Drei seiner sechs Geschwister sind bereits an ähnlichen Komplikationen gestorben, die anderen wiesen keine derartigen Symptome auf.

Für ein Team am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften und des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Seltene und Undiagnostizierte Erkrankungen stand bald fest, dass es sich bei den vier betroffenen Kindern ein und derselben Familie um eine Erkrankung mit genetischem Ursprung handeln müsse. Bei diesen Defekten müsse man die molekularen Ursachen entschlüsseln, sagt der Leiter des Boltzmann-Instituts, Kaan Boztug.

Vergleich mit den Eltern

Bei der Untersuchung des Genoms des Patienten bestätigte sich der Verdacht einer genetisch verursachten Krankheit. Dabei stieß man auf einen Fehler in dem Gen, dessen Produkt RASGRP1 ein Schlüsselprotein für die Entwicklung von Lymphozyten darstellt. Bei den Eltern und den gesunden Geschwistern lag jeweils nur eine Kopie der Mutation im Genom vor, der erkrankte Junge hat jedoch zwei defekte Kopien von seinen Eltern geerbt. Die genaue Rolle des Proteins im Menschen war bisher unbekannt.

„Wir versuchen, die Krankheit zu verstehen und den Kreislauf zu schließen“, sagt Kaan Boztug. Man fand den zugelassenen Arzneistoff Lenalidomid, der bei der RASGRP1-Defizienz für die Therapie infrage kommt. Lenalidomid wird zur Behandlung des Multiplen Myeloms verwendet. Die neuen Erkenntnisse sowie die Therapiemöglichkeit wurden jetzt in dem Fachmagazin „Nature Immunology“ veröffentlicht (Erstautorin CeMM-Forscherin Elisabeth Salzer). (APA/ewi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.