Sabine Schindler: Die großen Dinge des Universums

Sabine Schindler
Sabine Schindler(c) Uni Innsbruck
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Austria'09. Sabine Schindler forscht an Galaxien und größeren Gebilden. Dunkle Materie, Strahlungen und Wellenlängen sind dabei ebenso ihr Metier wie der leistungsfähigste Supercomputer Österreichs.

Wenn man in den Himmel schaut, will man einfach wissen, warum die Sterne leuchten, ob Galaxien auch leuchten, und wie das ganze Universum entstanden ist. Das interessiert so viele Menschen! Es ist nichts Besonderes, dass ich daran forsche“, erzählt Sabine Schindler, die bei der „Austria'09“ in der Kategorie „Forschung“ nominiert ist. Das Besondere ist wohl die Art und Weise, mit der Schindler diesem Urbedürfnis der Menschen nachgeht. In ihrem Lebenslauf kann man nicht an einer Hand abzählen, in wie vielen Gesellschaften und Gremien Schindler als Leiterin oder Präsidentin fungiert: An der Uni Innsbruck leitet sie seit fünf Jahren das Institut für Astro- und Teilchenphysik, weiters die Forschungsplattform „Scientific Computing“ und (erstmals in Österreich) das „Erasmus Mundus“-Master-Programm, und sie ist Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik.

„Auch internationale Kommissionen wollen immer öfter jemanden aus Österreich dabeihaben“, sagt Schindler. Sie selbst stammt aus Erlangen in Mittelfranken, fühlt sich aber schon „sehr, sehr österreichisch“ und vertritt gerne dieses Land. Sie war es auch, die sich stark für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Südsternwarte (ESO) einsetzte, „denn vorher hatten wir hier praktisch kein Teleskop. Und Astronomen ohne Teleskope sind ein Widerspruch in sich.“ Seit Österreich letztes Jahr der ESO beigetreten ist, haben heimische Astronomen endlich Zugang zu den größten Teleskopen der Welt (acht Meter Durchmesser), die auf den hohen, meist wolkenfreien Bergen Chiles stehen.

Labortests nicht möglich

Die Begrenzung für Beobachtungen und das Gerangel um Beobachtungszeiten an den Teleskopen sind in der Astronomie ein starker limitierender Faktor. Auf der anderen Seite ist jeder auf Kooperationen mit internationalen Kollegen angewiesen, da einzelne Forscher nie alles begreifen und entdecken können, was das unendliche Universum ausmacht. Schindler selbst ist „an den großen Sachen im Universum“ interessiert: „In meinen Forschungen geht es um Galaxien oder Galaxienhaufen.“ Erstere sind Gebilde wie unsere Milchstraße, Zweitere sind noch viel größere Gebilde, „bei denen Tausende von Milchstraßen zusammenstehen“ – mit einer Ausdehnung von Millionen von Lichtjahren.

„Galaxienhaufen sind so große Bestandteile des Universums, dass ihre Erforschung repräsentative Aussagen zur Entwicklung des ganzen Universums zulässt, und wenn man es zurückverfolgt, auch der Entstehung des Universums.“ So hat man unter anderem durch die Beobachtung von Galaxienhaufen die dunkle Materie entdeckt, die 80 Prozent der ganzen Materie im Universum ausmacht und ohne die „alles auseinanderfallen würde“. Sie besteht nicht wie unsere altbekannte Materie aus Atomen, aber ihre Gravitation wirkt als Kitt der sichtbaren Materie.

„Wir können unsere Experimente aber nicht wie andere Physiker im Labor ablaufen lassen und die Dinge von allen Seiten und aus der Nähe betrachten.“ Genauso wenig kann man den Urknall als Experiment wiederholen. Daher ist bei Astronomie und Astrophysik (diese Begriffe verwendet Schindler synonym) die Simulation am Computer unerlässlich. Innsbruck ist dazu mit dem derzeit größten Supercomputer Österreichs gut ausgerüstet: Die Rechenanlage „Leo II“ schafft neun Billionen Rechenoperationen pro Sekunde – eine Leistung, die notwendig ist, wenn man etwa berechnen will, was passiert, wenn zwei Galaxien aufeinanderstoßen. „Die berechneten Modelle und die Beobachtungen ergänzen und verbessern sich gegenseitig“, erklärt Schindler: „Nur so kann man sich ein umfassendes Bild von Galaxien machen.“ Ohne das man nie erforschen könnte, wie unser Universum entstanden ist und wohin es sich entwickelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2009)

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