Helft auf der Jagd nach Planet Nine!

(c) Nasa
  • Drucken

Astronomen und die Nasa haben ein Projekt initiiert, in dem jedermann mit seinen eigenen Augen den Himmel nach dem postulierten Planeten durchforsten kann.

Um die 7000 Stunden verbrachte Clyde Tombaugh über Glasplatten mit Fotos des Weltalls, die er mit einem selbst ersonnenen technischen Gerät auswertete, dem „blink comparator“. Der sollte zeigen, ob sich irgendetwas Helles dort am Himmel bewegt, wo man lange schon einen Planeten vermutete. Nur der konnte Unstimmigkeiten in der Bahn des Uranus erklären, deshalb hatte Percival Lowell ihn 1894 postuliert und für die Jagd eigens ein Observatorium errichten lassen. Den Erfolg erlebte er nicht mehr, Tombaugh stieß im Januar 1930 auf den Himmelskörper, der bald „Pluto“ hieß und als neunter Planet das Sonnensystem vervollständigte.

Bis zum August 2006. Da wurde Pluto entthront und zum Zwergplaneten herabgestuft, Nr. 134340. Mit betrieben hat das der Astronom Mark Brown (Caltech), er verfasste gar ein Buch darüber („How I killed Pluto“) – und kam im Januar des Vorjahres kam er selbst mit einem hypothetischen Planeten, dem „Plant Nine“. Nur er könnte die Bahnen kleiner Himmelskörper im Kuiper-Gürtel erklären, die wie eine Herde gemeinsam eine weite Ellipse um die Sonne ziehen, die bräuchte einen Hirten, der sie lenkt.

Im Oktober legte Brown nach: Auch die leichte und völlig rätselhafte Neigung der Drehachse der Sonne – gegenüber dem Planetensystem um sechs Grad – ließe sich nur durch Planet Nine bzw. seine sporadischen Aufenthalte in Sonnennähe erklären. Damals war Brown zuversichtlich, dass der Gesuchte „bis Ende des Winters“ gefunden sei.

Wie im Daumenkino

Der Winter neigt sich, nun laden Astronom Aaron Meisner (Berkeley) und die Nasa jedermann zur Beteiligung ein. Das Projekt heißt „Backyard World: Planet 9“, dort werden in Anlehnung an den „blink comparator“ kurze Filmchen vorgeführt, sie bestehen aus je vier Bildern, die zeitversetzt den gleichen Ausschnitt zeigen und etwa so ablaufen wie beim Daumenkino. Die Bilder stammen aus einem unermesslichen Fundus, aus dem des Weltraumteleskops WISE, das 2010/2011 den gesamten Himmel im Infrarot durchmusterte. Drei Prozent dieser Daten hat Meisner zu 32.000 Filmchen zusammengestellt. Und weil wir Infrarot nicht sehen, werden die die Bilder in Falschfarben geliefert, das erledigte die Nasa, sie betreibt auch die Homepage.

Für den Rest können alle sorgen, die Lust haben und Muße. Das Ganze dient natürlich auch der Werbung für die Nasa, ist aber kein Gag, man setzt auf Menschenaugen: Mustererkennungssysteme von Computern lassen sich von sternenreichen Regionen wie der Milchstraße leicht verwirren, da blinkt viel oder scheint es zu tun, unsere Augen filtern das Hintergrundrauschen aus.

Planet Nine ist das Zugpferd, ob er wirklich existiert, steht dahin. Aber es gibt Anderes genug am Himmel, Meisner hofft etwa auf Funde von Braunen Zwergen. Von denen weiß man, dass sie existieren, aber allzu viel weiß man nicht: Sie sind eine höchst seltsame Zwischenform zwischen Sternen – Himmelskörpern wie unsere Sonne – und Planeten: Sie bilden sich wie Sterne, haben aber nicht genug Masse, um eine Kernfusion zu zünden und sich darin zu verbrennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.