Archäologie: So lebten die alten Maya

(c) EPA (Andrea Merola)
  • Drucken

An einer Pyramide in Calakmul fanden sich beschriftete Bilder, die Szenen aus dem Alltag zeigen.

Dass die Welt 2012 (oder doch erst 2220) untergeht, das wissen wir von den Maya. Aber was wissen wir über die Maya – und den Untergang ihrer Hochkultur? Als im 15.Jahrhundert die Spanier kamen, war ihr Zenit längst überschritten, das zentrale Tiefland nur mehr dünn besiedelt. Tikal etwa, im fünften Jahrhundert n.Chr. die größte Stadt Amerikas. Schuld am Niedergang war Raubbau an der Natur, genauer: an den Wäldern. Die Maya rodeten nicht nur, um Platz für ihre Häuser und die Tempel ihrer Götter zu gewinnen, sondern auch um des Holzes willen.

Archäologen stellten fest, dass es just der Sieg der Stadt Tikal über ihre Nachbarstädte war, der die Rodungen beschleunigte: Bisher geschonte „heilige Haine“ wurden geschlägert, und als die geschätzten Breiapfelbäume rar geworden waren, verlegte man sich auf schlechter schnitzbares Holz. Indessen wurden die Folgen der Entwaldung bedrohlich: Erosion und Trockenheit. Spätestens im 10. Jahrhundert war Tikal eine Geisterstadt.

Die Stadt mit dem Schlangenkopf

Der letzte Konkurrent, den es (im Jahr 695) niedergerungen hatte, war der Nachbarstaat Calakmul mit 50.000 Einwohnern und einem Schlangenkopf als Symbol. Im Gebiet dieses Stadtstaates haben Archäologen etliche steinerne Gebäude ausgegraben, darunter zwei pyramidenartige, die sie prosaisch „Struktur eins“ und „Struktur zwei“ nennen. Pyramiden dienten den Maya nicht als Grabstätten, sondern als Opferplätze. Zumindest dachte man das bisher, es könnte sein, dass eine neue Entdeckung an der Struktur eins dieses Bild ändert: Mexikanische Forscher um Ramòn Carrasco Vargas fanden nach Säuberung der Oberflächen (mit einer alkoholischen Ca(OH)2-Suspension) Wandmalereien, die recht alltägliche Szenen zeigen (Pnas, 9.11.).

Wie viele Maya-Bauten wurde die Struktur eins in mehreren Phasen umgebaut. Die Malereien fanden sich außen am jüngsten, dritten Aufbau, der zwischen 820 und 1020 n.Chr. datiert, also spät in der Geschichte von Calakmul, als die Stadt bereits politisch und militärisch bedeutungslos war. Die Farben sind chemisch noch nicht analysiert: Gemalt wurde blau, grün, gelb, rot und braun auf grau-weißem Untergrund, die Konturen sind schwarz-braun. Ein Vergleich der Bilder legt nahe, dass mehrere Künstler aktiv waren. Man sieht offenbar keine Götter und Helden, schon gar keine Opferszenen, sondern normale Menschen, darunter auffällig viele Frauen, manche im Gesicht geschminkt. Beide Geschlechter tragen Schmuck an Ohren und Hals.

Die dargestellten Personen essen, kochen, arbeiten, tragen Töpfe und andere Lasten. Beschriftet sind die Bilder mit (großteils lesbaren) Hieroglyphen, die offenbar als Bildunterschriften dienen. So liest man bei der Darstellung eines Mannes, der größenmäßig zwischen Kind und Erwachsenem rangiert, das Wort ke-le-ma (junger Mann). Die meisten Inschriften beginnen mit dem Wort „aj“, was soviel wie „Person“ (geschlechtsneutral) bedeutet, dann folgt eine Bezeichnung für ein Material oder ein Lebensmittel. Bei einer Szene (siehe Bild oben) steht „Maisbrei-Person“, andere Szenen sind ebenso einsichtig als „Tabak-Person“, „Salz-Person“ oder „Tongefäß-Person“ beschriftet. Eigennamen oder Adelstitel, mit denen die Maya sonst nicht geizten, fehlen völlig. Vielleicht lässt sich die Bilderserie als ein Reigen aus Handwerk und Industrie interpretieren, als eine Art Realenzyklopädie des Maya-Alltags.

DIE MAYA

In Mittelamerika wurden um 3000 v.Chr. die ersten Menschen sesshaft. Von Maya-Kulturen spricht man ab ca. 2000 v.Chr.; die „klassische“ Maya-Kultur, ab 250 n.Chr., bestand aus konkurrierenden Stadtstaaten. In der (entzifferten) Maya-Schrift stehen die Zeichen für Wörter und/oder Silben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.