In einem Bächlein helle, die vermischte Forelle

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Einheimische Population geht zurück.

„Fische wurden seit Jahrhunderten herumgeschleppt“, sagt der Grazer Zoologe Steven Weiss, der der Rettung der heimischen Bachforelle auf der Spur ist. Das Problem von eingeschleppten Stämmen der Bachforelle (Salmo trutta) ist, dass jene aus der atlantischen Region – hauptsächlich aus Dänemark – über lange Zeit viel billiger waren als die natürlich vorkommende Bachforelle in Österreich. „Äußerlich sind die beiden Stämme gleich, sie gehören ja zur selben Fischart. Aber mit molekularen Methoden kann man erkennen, woher die Tiere wirklich kommen“, so Weiss.

Er zog selbst einst über den Atlantik: Als gebürtiger Amerikaner kam er 1994 von Tuscon, Arizona, nach Wien und später nach Graz. Darüber, dass gerade er sich als eingewanderter Forscher für die Erhaltung der autochthonen Fischpopulationen einsetzt, schmunzelt er. „Ich beschäftige mich damit seit 15 Jahren und war in Österreich einer der Ersten, der molekulare Methoden verwendet hat, um vermischte Fischpopulationen zu entdecken.“ Sowohl die DNA der Mitochondrien als auch Mikrosatelliten-DNA im Zellkern sind im Fokus der Studien, die Weiss' Team in Kooperation mit dem Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Universität für Bodenkultur Wien durchführt. Der genetische Code zeigt, ob die Tiere tatsächlich „echte Österreicher“ sind, also aus autochthonen Populationen stammen, oder vom Menschen einst eingeschleppt wurden.


Billiger Fisch eingeschleppt. „Das Problem hat sich in den letzten 100 Jahren verstärkt, vor allem in der Nachkriegszeit: Sowohl als Speisefisch als auch als Besatzfisch waren die atlantischen Bachforellen beliebt – weil billig.“ Meist wurden nicht erwachsene Fische, sondern ihre Eier eingeschleppt und in Österreich weiter gezüchtet. Besatzfische sind jene Tiere, die in Gewässern für die Sportfischerei gehalten werden. „Hier zählt die wirtschaftliche Frage stark: Je mehr Fische man in ein Gewässer setzt, umso mehr Lizenzen für Sportfischer kann man verkaufen.“

Im kürzlich abgeschlossenen Projekt „Troutcheck“ testeten die Wissenschaftler den Fischbestand aus 84 Fließgewässern und fanden in Kärnten nur vier und in der Steiermark nur zwei Fischpopulationen, die noch rein „einheimisch“ waren.

„In den anderen getesteten Gewässern herrscht eine starke Vermischung der Bachforellenstämme. In manchen waren 100 Prozent der Fische von atlantischer Abstammung“, sagt Weiss. Dies ist erstaunlich, da doch der einheimische Fischstamm besser an das Leben in den regionalen Gewässern angepasst ist – wie viele Studien zeigen.

„Der natürliche Fischbestand hat eine viel höhere Überlebensrate“, betont Weiss. Darum bemüht sich sein Team gemeinsam mit dem Naturschutzverband des jeweiligen Bundeslandes um eine Gegenbewegung, die weg vom eingeschleppten Besatzfisch geht und natürliche Fischstämme für Fischereibetriebe und zur Wiederbesiedelung „schmackhaft“ macht.


Gefährdete Huchen. Besonders heuer im „Jahr der Biodiversität“ sollte man darauf achten, dass an bestimmte Regionen angepasste Tiere dort auch überleben können. Bei dem hohen Vermischungsgrad der heimischen Bachforelle mit den eingeschleppten Stämmen sehen Wissenschaftler das Überleben der natürlichen Population aber gefährdet – und treten für sie als bevorzugten Besatzfisch ein.

Derzeit arbeitet Weiss' Team daran, einen weiteren genetischen Nachweis heimischer Fischpopulationen zu erbringen: Flussabwärts von Leoben gelang Naturschützern in den letzten Jahren eine Wiederbesiedelung der fast ausgestorbenen Huchen, die zu den größten Lachsfischen gehören (etwa einen Meter lang). „In Graz hat sich eine Huchenpopulation etabliert, die jetzt aber mit einem neu geplanten Kraftwerk gefährdet wird. Das Argument der Kraftwerkbefürworter ist, dass diese Fische ohnehin nur künstlich ausgesetzt wurden. Wir versuchen nun durch genetische Methoden festzustellen, ob die Huchen in der Mur dem ursprünglichen Bestand entsprechen.“ Ein solcher wissenschaftlicher Nachweis würde die Huchen noch schützenswerter machen, als sie ohnehin sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2010)

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