Schon einzelne Unstimmigkeit spaltet uns

In der Welt der Spieltheorie wird die indirekte Reziprozität mit zwei zufällig ausgewählten Individuen in einer Population durchgespielt. Im Bild: die Studienautoren am Campus des IST Austria.
In der Welt der Spieltheorie wird die indirekte Reziprozität mit zwei zufällig ausgewählten Individuen in einer Population durchgespielt. Im Bild: die Studienautoren am Campus des IST Austria.IST Austria/Yvonne Kemper
  • Drucken

Offene Kommunikation ist zentral für Zusammenhalt.

Die Evolution von altruistischem Verhalten gegenüber nicht verwandten Menschen lässt sich mit dem sozialpsychologischen Konzept der indirekten Reziprozität erklären. Mit konkreten Modellen dazu untersuchen Wissenschaftler u. a., wie Menschen handeln, wenn es um ihren Ruf geht. Tugendhaftes Verhalten rentiert sich demnach, weil sich die helfende Person erwartet, dass ihr als Gegenleistung von jemand anderem geholfen wird.

Der aus Österreich stammende Harvard-Mathematiker Martin Nowak hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom IST (Institute of Science and Technology) Austria ein auf dieser Theorie aufbauendes neues Modell menschlicher Interaktion entwickelt. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin „Pnas“ veröffentlicht.

Realistischeres Modell

Im Zentrum der indirekten Reziprozität steht die Frage, welche sozialen Normen in einer Gesellschaft zur Kooperation führen. Frühere Studien gingen immer von der – unrealistischen – Annahme aus, dass jedes Gruppenmitglied über alle relevanten Informationen verfügt. Sie zeigten mehrere Strategien auf, die zu einer stabilen Zusammenarbeit in einer Population führen.

Was aber passiert, wenn Menschen Fehler machen oder sich Meinungsverschiedenheiten entwickeln? Die aktuellen Ergebnisse der IST-Forschung ergaben: Keine der bisherigen Strategien läuft dann auf eine dauerhafte Zusammenarbeit hinaus. Selbst eine einzelne Unstimmigkeit kann dazu führen, dass Populationen in zwei polarisierende Untergruppen aufgeteilt werden. Weitere spieltheoretischen Simulationen mit veränderten Netzwerken deuten darauf hin, dass der Austausch zwischen Einzelpersonen Fehler reduziert. Kommunikation und Koordination sind demnach von zentraler Bedeutung für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. (cog)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.