Magnetsinn bei Menschen?

Bei manchen Menschen scheint das Gehirn auf Änderungen des Magnetfelds zu reagieren.
Bei manchen Menschen scheint das Gehirn auf Änderungen des Magnetfelds zu reagieren.(c) imago/Westend61 (Kike Arnaiz)
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Bei manchen Menschen scheint das Gehirn auf Änderungen des Magnetfelds zu reagieren. Aber es wird ihnen nicht bewusst.

Zugvögel und Meeresschildkröten orientieren sich bei ihren Wanderungen am Magnetfeld der Erde. Aber auch unzählige andere Tiere verfügen über einen Magnetsinn. Sogar manche Bakterien: Kristalle aus Magnetit (Fe3O4) zeigen ihnen, wo Norden ist.

Könnten auch wir uns den Kompass sparen? Experimente, die für einen bewussten Magnetsinn bei Menschen sprachen, konnten bisher nicht reproduziert werden. Könnte es sein, dass Restbestände eines tierischen Magnetsinns unbewusst funktionieren? Das vermuteten Forscher um den Geophysiker Joseph Kirschvink (California Institute of Technology). So setzten sie ihre Testpersonen in einen Faradayschen Käfig, in dem sie Magnetfelder in der Größenordnung des Erdmagnetfelds induzierten. Dabei maßen sie mittels EEG die Hirnaktivität der Testpersonen – im Vergleich zu Durchläufen, bei denen keine Felder eingeschaltet wurden.

Manche Teilnehmer reagierten auf bestimmte Änderungen der Richtung des effektiven Magnetfelds, und zwar solche, die auf der Nordhalbkugel der Erde tatsächlich vorkommen – mit einer Abnahme der Intensität der Alphawellen im Gehirn. Das sind Wellen, die für einen entspannten Geisteszustand typisch sind. Sie schwinden üblicherweise, wenn Sinneseindrücke oder Gedankenarbeit einsetzen. Keiner der 29 Testpersonen konnte auf Befragung unterscheiden, ob das Magnetfeld eingeschaltet war oder nicht. Doch bei vier Teilnehmern erwies sich wenigstens der Effekt auf die Alphawellen im Gehirn bei weiteren Tests im Abstand von mehreren Wochen als stabil.

„Zumindest manche heutige Menschen verwandeln Veränderungen von Magnetfeldern in eine aktive neurale Reaktion“, schreiben die Forscher in eNeuro (18. 3.) recht vorsichtig. Es sei angesichts der weiten Verbreitung magnetischer Orientierung im Tierreich „vielleicht nicht überraschend, dass wir einige funktionierende neurale Komponenten davon beibehalten, besonders, wenn man die nomadische Lebensweise unserer nicht allzu fernen Vorfahren bedenkt.“

Weitere Experimente sind dringend gefragt – auch solche auf der Südhalbkugel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2019)

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