Klimaproblem Malaria?

(c) EPA (U.s. Centers for Disease Control)
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Die Erwärmung hat die Krankheit nicht gefördert, im Gegenteil, sie wurde stark zurückgedrängt. Aber nun hat Simon Hay (Oxford) die weltweite Verbreitung der Krankheit während der bisherigen Erwärmung erhoben.

Mit der Erwärmung werde sich die Malaria ausbreiten – gar bis zu uns –, das ist eine der Sorgen, die vom Klimawandel angeheizt werden: mehr Wärme, mehr Moskitos, mehr Malaria. Das hat einige Logik. Aber wenig Realität, die Malaria – sie ist, neben Aids, die mörderischste Infektionskrankheit – hat mit dem Klima fast nichts zu tun: Sie raffte in Europa viele dahin, Dürer etwa; sie grassierte in der Kleinen Eiszeit (1564–1730) selbst in Finnland, und am Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in Wien 140Erkrankte.

Da war die Krankheit wieder einmal aus Sümpfen gestiegen – von deren schlechter Luft („mal aria“) hat sie den Namen –, diesmal aus den Donauauen, die Infrastruktur der Spitäler und Gelsenbekämpfer war zusammengebrochen. Dass das – Landnutzung, Moskitokontrolle, Medizin – über die Verbreitung der Malaria entscheidet, darauf verweist seit Jahren Paul Reiter (L'Institut Pasteur, Paris), er blieb ein einsamer Rufer.

Mehr Wärme, weniger Kranke

Aber nun hat Simon Hay (Oxford) die weltweite Verbreitung der Krankheit während der bisherigen Erwärmung – plus 0,8 Grad seit hundert Jahren – erhoben: Zu Beginn des 20.Jahrhunderts waren 58Prozent der Landflächen von Malaria betroffen, 2007 waren es 30Prozent, noch drastischer sanken die Erkrankungsraten, um zwei Drittel (Nature, 465, S.342). „Es hat einen starken Rückgang der Krankheit und eine substanzielle Schwächung ihrer Verbindung mit dem Klima gegeben“, erklärt Hay, „aber das ist natürlich kein Trost für die Milliarden Menschen, die immer noch bedroht sind.“

Es ist vor allem deshalb kein Trost, weil es keinen Malaria-Impfstoff gibt – und weil die Malaria-Medikamente zunehmend unwirksam werden. Gegen Klassiker wie Chloroquin sind die Erreger resistent geworden, gegenwärtig gibt es nur noch eine effektive Medikamentenklasse, die der Artemisinine. Aber auch hier zeigen sich, in Asien, erste Resistenzen (Science, 328, S.844).

Deshalb wird in größtem Stil Neues gesucht: José Garcia-Bustos (GlaxoSmithKline) hat über zwei Millionen Substanzen auf Wirksamkeit gegen eines der vielen Lebensstadien des Malaria-Erregers getestet und 13.500Kandidaten gefunden (Nature, 465, S.305); und Kiplin Guy (St. Jude Hospital) hat 300.000 auf Wirksamkeit gegen ein anderes Lebensstadium durchgemustert, 1100 versprachen Erfolg (Nature 465, S.311). Ob einige ihn auch halten werden, ist offen, der Weg zu Medikamenten ist weit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2010)

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