Bronzezeit: Zweifel an den Göttern?

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Nach einem Vulkanausbruch vor 3600 Jahren vergruben Menschen die Himmelsscheibe von Nebra. Die auf der Insel aufsteigende Vulkanasche verfinsterte den Himmel für 20 bis 25 Jahre und das nicht nur am Mittelmeer.

Haben die Menschen der Bronzezeit nach dem zerstörerischen Vulkanausbruch auf der Mittelmeerinsel Thera (Santorin) vor rund 3600 Jahren den Glauben an ihre Götter verloren? Das vermuten Forscher der Universitäten Mainz und Halle: Die auf der Insel hoch aufsteigende Vulkanasche verfinsterte den Himmel für 20 bis 25 Jahre, und das nicht nur am Mittelmeer, sondern bis hinauf ins heutige Deutschland.

Es wurde ein bis zwei Grad kälter, kühle und nasse Sommer bescherten verheerende Missernten, erklärt François Bertemes vom Institut für Kunstgeschichte und Archäologie Europas der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Für die Menschen der Bronzezeit, die einem Sonnenkult huldigten, waren diese Veränderungen unerklärlich. Ihr Glaube an die Götter sei erschüttert worden. Sie stellten die Priesterschaft und ihre Rituale infrage. In der Folge wurde auch die 1999 in Sachsen-Anhalt gefundene Himmelsscheibe von Nebra, die heute als älteste konkrete Himmelsdarstellung gilt, für die Menschen wertlos. Das Symbol des alten Kultes wurde entweiht und zusammen mit zwei goldverzierten Schwertern, bronzezeitlichen Spiralringen und Bronzebeilen an einem damals heiligen Ort, auf dem Mittelberg bei Nebra, vergraben.

Die Vorgänge in der Natur müssen die prähistorischen Menschen in Mitteleuropa sehr durcheinandergebracht haben, meint auch der Sedimentologe Frank Sirocko vom Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz. Mit einer Arbeitsgruppe analysierte der Experte jahrelang die Auswirkungen von Wetter und Klima auf die Menschheitsentwicklung. Es sei kein Zufall, dass vor 3600 Jahren auch die Nutzung der Ringanlage von Stonehenge endete, sagt Sirocko. Er hat allerdings auch eine alternative Deutung parat: Er kann sich vorstellen, dass das Vergraben der Himmelsscheibe von Nebra die Götter gnädig stimmen sollte und sie dazu bewegen sollte, die alten Zustände wiederherzustellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2010)

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