Chemie: Wie man Raffinerie-Abfall chlorfrei veredeln kann

Neue Methode zur Oxidation von Alkanen - entwickelt von Wiener Chemikern, in organisch-anorganisch-physikalischer Kooperation.

Methan, Ethan, Propan, Butan, Pentan, Hexan, . . . So beginnt, streng geordnet nach der Anzahl der Kohlenstoff-Atome, die Reihe der Alkane. Sie sind die einfachsten organischen Verbindungen, bestehen aus nichts als Kohlenstoff und Wasserstoff. Etliche davon kennen wir in gemischter Form als Erdgas und Erdöl: Man kann sie verbrennen und damit Energie gewinnen.

Sonst aber sind die Alkane ziemlich reaktionsträge. Es ist gar nicht so leicht, sie gezielt chemisch zu verändern, zu "funktionalisieren", wie die organischen Chemiker sagen. Dabei bieten sie sich als Ausgangsstoffe für Synthesen regelrecht an: In der Erdölindustrie fallen enorme Mengen an Alkanen als Abfall an. Die könnte man veredeln. Interessant wäre etwa, sie zu oxidieren, also Alkohol-Gruppen (-OH) an sie zu hängen, die in weiterer Folge zu Ketonen (mit C=O-Gruppen) oxidiert werden könnten.

"Die herkömmliche Methode dafür wäre es, die Alkane zuerst zu chlorieren und dann das Chlor durch OH-Gruppen zu ersetzen", erklärt Günter Trettenhahn vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Wien: "Doch im Interesse der Umwelt, im Sinn einer ,Green Chemistry' sind chlorfreie Methoden vorzuziehen. Wir haben eine solche Methode entwickelt."

Wir, das sind Forscher von den Instituten für anorganische, organische und physikalische Chemie der Uni Wien, dazu zwei Kollegen von der Firma "DSM Fine Chemicals Austria" in Linz. "Die sind sehr interessiert an Oxidation von Cyclohexan", erzählt Walther Schmid (Organische Chemie), "das ist ja ein Ausgangsprodukt für die Nylon-Erzeugung. Und in der Industrie sucht man natürlich immer einen möglichst billigen Katalysator."

Tatsächlich haben die Wiener Chemiker Cyclohexan - ein (nicht ebenes) Sechseck aus Kohlenstoff-Atomen, an denen je zwei Wasserstoff-Atome hängen - oxidiert, und zwar mit einem originellen, komplexen Katalysator: einem "sechskernigen Eisen(III)-carboxylat mit [Fe6([*]3-O)3([*]2-OH)]11+-Kernstruktur", wie es im Titel der Arbeit in Angewandte Chemie, Int. Ed. (45, S. 2794) heißt. Das ist auch für Chemiker kein simples Molekül - und es ist "fast durch einen Zufall entstanden", so Trettenhahn: "Wir probierten eigentlich eine Serie von dreikernigen Eisen-Komplexen durch, mussten Kristalle züchten, um sie zu charakterisieren, ihre Struktur aufzuklären. Dabei hat sich dann die Verbindung mit sechs Eisen-Atomen gebildet."

Aber das sieht doch nicht gerade nach einer billigen, leicht herzustellenden Verbindung aus? "Ist es aber", sagt Schmid: "Da ist im Prinzip nichts drin als FeCl3 und p-Nitro-Benzoesäure. Wenn man das auf die richtige Art zusammenrührt, bekommt man diesen tollen Cluster."

Als Oxidationsmittel fungiert Wasserstoffperoxid (H2O2). Wie die Reaktion im Detail abläuft, ist noch nicht ganz klar. Man vermutet, dass sie einer Oxidation in der Biochemie insofern ähnelt, als sie auch über einzelne Schritte der Elektronen-Übertragung abläuft. Offenbar bildet sich zunächst ein Peroxo-Komplex, der aber noch nicht charakterisiert werden konnte - im Gegensatz zum sechskernigen Eisen-Komplex. Dieser ist auffällig asymmetrisch, die Chemiker vermuten, dass das ein Grund dafür sein könnte, dass er ein viel besserer Katalysator ist als die dreikernigen Komplexe.

Die Asymmetrie erlaubt eine weitere Hoffnung: Dieser Katalysator könnte bei der Oxidation von komplizierten Alkanen "stereoselektiv" sein, das heißt, dass das Produkt der Oxidation möglichst nur eine von mehreren möglichen räumlichen Strukturen hat.

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