Pause bei der globalen Erwärmung?

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Ein namhafter Forscher hält den gemessenen Stillstand doch für erklärbar. Die enorme Steigerung des emittierten CO2 seit 1998 komme zu einem großen Teil von Kohlekraftwerken in China.

Von 1998 bis 2008 wollte das Klima nicht (mehr) so wie seine Prognosen. In den Jahren zuvor hatte die Wärme derart zugelegt, dass das Diagramm, in dem die globale Durchschnittstemperatur in Bezug auf die Zeit aufgetragen wird, aussah wie ein Hockeyschläger: erst eine lange Gerade, dann ein steiler Anstieg. Dieses Bild fand Michael Mann, ein hoch besorgter Klimaforscher, 1994, er setzte es suggestiv ein: Der steile Anstieg werde linear weitergehen, wenn die Emission der Treibhausgase nicht reduziert werde. Aber er tat es nicht, der Hockeyschläger kippte in die Horizontale: Ab 1998 gab es zehn Jahre lang keine globale Erwärmung, von 2005 bis 2008 wurde es gar um 0,2 Grad kühler.

Die Öffentlichkeit erfuhr davon in einer Randnotiz in Science 2009, die Fachwelt wusste es natürlich. Aber manche stritten es ab, andere suchten nach „tricks“ zum Zurechtbiegen des Hockeyschlägers: Das kam im Zug von „Climategate“ ans Licht, dem von Hackern publizierten E-Mail-Verkehr zwischen Klimaforschern. Wieder andere mühten sich um Erklärungen: Mojib Latif (Kiel) vermutete die Ursache in den Ozeanen – temporär geänderte Meeresströmungen –, Susan Solomon (NOAA) sah sie hoch in der Atmosphäre, in Veränderungen der Wasserdampfkonzentrationen.

Schwefeldioxid kühlt

Nur von Michael Mann hörte man nichts. Nun meldet er sich und rechnet vor, dass die Pause in der Erwärmung völlig konsistent sei mit seinem Hockeyschläger: Die enorme Steigerung des emittierten CO2 seit 1998 komme zu einem großen Teil von Kohlekraftwerken in China – die emittieren zugleich Schwefeldioxid, es kühlt, und dieser Effekt ist eine Zeitlang stärker als der wärmende des CO2. Das ist er auch deshalb, weil noch zwei Effekte hinzukamen: Zum einen entwickelte die Sonne weniger Aktivität, zum zweiten brachte das natürliche Klimaphänomen Enso – in ihm lösen die Wetterereignisse El Niño und La Niña einander ab, Ersterer wärmt, Letztere kühlt – eine Abkühlung.

Kleine Schönheitsfehler

„Die Resultate dieser Analyse zeigen, dass die beobachtete Temperatur konsistent ist mit dem gegenwärtigen Verständnis der Erwärmung“, schließt Mann: Man müsse nicht nach zusätzlichen Erklärungen suchen (Pnas, 4. 7.)

Allerdings hat seine Rechnung kleine Schönheitsfehler: Chinas starker Anstieg beim Verheizen von Kohle begann laut Mann im Jahr 2003; da war die Erwärmung schon mitten in ihrer Pause. Und von 1998 bis 2000 ging – wieder laut Mann – zwar der wärmende El Niño in eine kühlende La Niña über. Aber von 2002 bis 2008 wärmte wieder El Niño.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2011)

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