Biologie: Schmerzen? Lachen Sie sie doch einfach weg!

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Symbolbild(c) AP (ADRIAN DENNIS)
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Gemeinsames Gelächter fördert nicht nur den sozialen Zusammenhalt, es hebt auch die Schmerzgrenze. Der britische Anthropologe Robin Dunbar (Oxford) hat es nun gezeigt und vermutet dahinter körpereigene Opoide.

Menschen seien „die einzigen Geschöpfe“, die lachen, schrieb Aristoteles, und er war ein guter Beobachter. Aber einen Zoo gab es in seinem Athen noch nicht. In dem in London bemerkte Darwin später, dass auch Schimpansen „zu kichernden oder lachenden Lauten tendieren“, vor allem, wenn sie jung sind und gekitzelt werden, und da wieder vor allem: in den Achselhöhlen. Noch später kamen Gorillas und Orang-Utans dazu, alle Cousins lachen, allerdings anders als wir: Bei uns kommt Gelächter in einer Serie beim Ausatmen – „gleichsam convulsisch“, formulierte der Brockhaus 1812 –, bei ihnen kommt es stoßweise, ein Ton beim Ausatmen, einer beim Einatmen. Das liegt daran, dass ihr Körper auf die Lunge drückt und ihnen keinen langen Atem lässt, wie ihn unsere Ahnen erwarben, als sie sich zum aufrechten Gang erhoben – und zum Sprechen.

Dort, in der ganz neutralen Rede, lachen wir am meisten, 80 Prozent des Gelächters hat mit Humor nichts zu tun, es strukturiert unser Sprechen, und der Sprecher selbst lacht: „Ich sehe euch später, ha, ha, ha.“ Robert Provine (University of Maryland), der fast im Alleingang das Phänomen des Lachens erkundet, hat den Wert erhoben (American Scientist, 84, S. 38). Nur in 20 Prozent lachen wir wirklich – dieses Lachen ist nach einem Herrn Duchenne benannt –, von Herzen und Hirn, und vor allem mit anderen zusammen, allein tun wir es kaum, allenfalls im Keller. In Gruppen wird 30-mal so viel gelacht, und es steckt an, das weiß jede Thekenrunde. Auch Provine vermutet, dass die Stärkung des sozialen Bezugs hinter dem Lachen steht: Wer mitlacht, ist zumindest – und zumindest im Moment – keine Gefahr.

Weiser Volksmund: Beste Medizin

Aber hat es auch physiologische Folgen, etwa die, die der Volksmund beschwört („ist gesund“, „beste Medizin“)? Robin Dunbar (Oxford) hat es getestet, im Labor und bei einem Theaterfestival in Edinburgh. Er wollte klären, ob ein Duchenne-Lachen Schmerzen vertreibt bzw. die Schmerzschwelle hebt. Deshalb legte er Probanden im Labor eiskalte Manschetten um den Arm und nahm sie wieder ab, wenn der Schmerz unerträglich wurde (das ist individuell höchst verschieden). Dann gab es etwas zu lachen oder auch nicht – TV-Komödien oder Dokumentationen –, allein oder in Gruppen. Dann kam wieder das Eis um den Arm. Und bei denen, die zusammen mit anderen Komödien betrachtet – und gelacht – hatten, stellte sich die Unerträglichkeit des Schmerzes erst später ein.
Das ist kein Artefakt einer Laborsituation, auf dem Theaterfestival zeigte sich der gleiche Effekt, bei Akteuren und Zuschauern: Es muss nur etwas zu lachen geben, und andere müssen mitlachen. Der physiologische Effekt ist also zumindest partiell auch ein sozialer, man kennt Ähnliches von anderen koordinierten Aktionen, Tanz, Gesang, Kulthandlungen, alle versetzen in rauschhafte Euphorie: „Offenbar nutzen all diese Aktivitäten den gleichen psychopharmokologischen Mechanismus, der auch beim Grooming, der gegenseitigen Fellpflege von Affen, am Werk ist. Insofern sind sie alle eine Art Grooming-auf-Distanz.“ (Proc. Roy. Soc. B, 13. 9.)
Und was ist die Pharmakologie? Bei isolierten Individuen stellt sich das gleiche Wohlgefühl durch schwere körperliche Anstrengung ein, im Marathon etwa, und da kennt man die physiologische Grundlage: Im Gehirn werden Endorphine ausgeschüttet, körpereigene Opiate. Die vermutet Dunbar auch hinter der schmerzlindernden Wirkung des Lachens, es ist auch anstrengend, man kann es bis zum Umfallen tun.

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