Wo es sich schön und einfach radelt

Patricia Krenn untersuchte den Zusammenhang zwischen der Umgebung und der Freude am Radfahren – und erstellte einen »Bikeability Index« für Graz.

Die Umgebung beeinflusst das Mobilitätsverhalten der Menschen. Wenn Politik und Stadtplanung den Zugang zu mehr Bewegung erleichtern wollen, müssen sie wissen, welche Faktoren dabei wichtig sind. Patricia Krenn untersuchte das Radfahren: Was fördert, was behindert das Radeln in Graz? (Uni Graz, Betreuerin: Sylvia Titze). Dafür stattete die Sportwissenschaftlerin und Geoinformatikerin 70 Personen aller Bildungsschichten, die mindestens einmal pro Woche normale Wege per Zweirad zurücklegen, mit GPS-Geräten aus, die vier Tage lang alle Alltagswege aufzeichneten.

Der Vergleich der real gefahrenen mit den theoretisch möglichen kürzesten Strecken zeigte, dass mitunter erhebliche Umwege in Kauf genommen werden. Krenn untersuchte die möglichen Gründe dafür. Nicht alle in der Literatur genannten Faktoren waren aussagekräftig. So war anders als in US-Studien die Querung gemischt genutzter Gebiete – wo gewohnt, eingekauft und gearbeitet wird – kein Anreiz für Umwege. Einkaufsstraßen wurden sogar eher gemieden. „Das dürfte an der hierzulande viel kleinteiligeren Anlage von Straßen liegen“, so Krenn.

Krenn entwickelte einen „Bikability Index“ und bildete ihn farblich in einer digitalen Karte ab. Für „Radfreundlichkeit“ stehen Radwege und -streifen (v.a. wenn sie bauliche von der Straße getrennt sind) sowie Grün- und Wasserflächen. Wenig radfreundlich sind Steigungen, Kreuzungen und (größere) Straßen ohne Radfahrinfrastruktur.

Eine weitere Stichprobe aus 278 Männern und Frauen im Alter zwischen 17 und 68 Jahren wurde gebeten, regelmäßig zurückgelegte Wege in einem Fragebogen zu beschreiben: Deckt sich das subjektive Erleben mit den objektiven Gegebenheiten? Überraschenderweise nein: Selbst häufig gefahrene Abschnitte werden falsch eingeschätzt. Vor allem die Zahl der bei Stadtflitzern ungeliebten Kreuzungen bzw. Ampeln wird überbewertet.

Wer laut Index in einer radfreundlichen Umgebung wohnt, fährt öfter Rad, stellte Krenn fest. „Wird mehr Radverkehr gewollt, muss auch die Infrastruktur dafür geschaffen werden“, so Krenn. Ihre Karte, die auf andere Städte übertragbar ist, könnte gut als Planungsgrundlage genutzt werden. Vorstellbar wären Rad-Navis oder Apps, die den besten, nicht (nur) den kürzesten Weg mit dem Rad berechnen. Für ihre Dissertation erhält Krenn demnächst den Sportwissenschaftlichen Preis des Landes Steiermark.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2013)

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