Wie halten die Frauen das aus?

Heidi Siller prüfte, welchen Einfluss das Geschlecht auf die Traumabewältigung von Auslandseinsatzkräften hat.

Immer wieder zeigen Studien, dass Frauen öfter eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln als Männer. Vom Institut für Psychologie der Uni Innsbruck etwa wurden Hilfskräfte nach ihrer Rückkehr von einem Katastropheneinsatz im Ausland befragt – mit dem Ergebnis, dass Männer weniger starke Belastungen äußerten.

Heidi Siller wollte genauer überprüfen, warum das Geschlecht einen derartigen Einfluss auf den Umgang mit den Erlebnissen haben soll. „Oft gibt es z.B. Unterschiede in den Arbeitsfeldern: Frauen in dieser Studie hatten mehr mit Angehörigen zu tun, Männer eher nur organisatorische Aufgaben“, erzählt die Psychologieabsolventinn. Sie interessierte in der Folge, ob tatsächlich das Geschlecht den Unterschied macht oder ob andere Faktoren mehr Einfluss auf die Bewältigung des Erlebten haben (Betreuerin: Barbara Juen).

Dafür erhob Siller in Fragebögen und detaillierten Interviews unter anderem Aufgaben und Erlebnisse vor Ort, Faktoren, die als unterstützend oder belastend benannt wurden, die Rückkehr aus dem Ausland und die Rolle des Geschlechts in diesem Arbeitsfeld. „Die Erzählungen von Frauen und Männern – wie sie den Einsatz und die Kultur erlebt haben, was für sie positiv oder negativ war – haben sich sehr geähnelt“, resümiert sie. Selbst in stark männerdominierten Gesellschaften war das Frausein kein Belastungsfaktor. „Der Status als ,Einsatzkraft‘ hebelt das Geschlecht aus“, so Siller.

Insgesamt erzählten jene mehr von Traumasymptomen, die sich selbst mit gesellschaftlich eher Frauen zugeschriebenen Eigenschaften wie Empathie oder Emotionalität beschrieben – egal, ob das nun Frauen oder Männer waren. Siller überprüfte außerdem, welche Punkte ein optimales Setting für einen Auslandseinsatz ergeben. Ganz geschlechtsunabhängig seien das einerseits Persönlichkeitsmerkmale wie Teamfähigkeit, Flexibilität, Geduld und Offenheit gegenüber Neuem. Außerdem komme es stark auf äußere Gegebenheiten an, „wie gut das Team zusammenspielt, ob es in den meist beengten Verhältnissen Privatsphäre zum Krafttanken gibt, wie gut die Organisation ihre Leute auf den Einsatz vorbereitet, vor Ort und auch nach dem Einsatz betreut, die Kommunikation zwischen Organisation und Einsatzkraft oder die Wertschätzung der Arbeit durch die Bevölkerung“. Das Geschlecht spielte bei alledem keine wesentliche Rolle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)

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