Angelina Orthacker: Forschung, die ans Limit geht

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Die Physikerin Angelina Orthacker durchleuchtet neuartige Materialien. Sie will zum Beispiel zeigen, wie man Flugzeugmaterialien noch leichter und stabiler macht.

Das Physikstudium an der TU Graz war für Angelina Orthacker „ein spontaner Entschluss nach der Schule, weil mir in der Oberstufe Physik sehr gefallen hat.“ Als sie dann in den Vorlesungen der Technischen Physik saß und von HTL-Absolventen umgeben war, die einen enormen Wissensvorsprung hatten, war es schon „eine Herausforderung“. Doch Orthacker ist froh, dass sie sich durch die Anfangsschwierigkeiten gekämpft hat. Denn nun entwickelt sie neue Methoden, um verschiedenste Materialien besser zu verstehen. Vom Mikrometer-Maßstab bis in den atomaren Bereich ist alles möglich am Zentrum für Elektronenmikroskopie (ZFE) in Graz. Das Forschungszentrum arbeitet eng mit der TU Graz zusammen und ist Mitglied der Austrian Cooperative Research (ACR).

Orthacker will in der Forschung ans Limit gehen. Dinge hundertmal zu wiederholen, die ohnehin schon andere Wissenschaftler machen, ist nicht das ihre. Sie will lieber die Limits des Abbildbaren weiter und weiter verschieben.

Pionierarbeit in Australien gelernt

„Mit kombinierten Methoden können wir immer schneller Ergebnisse mit immer höherer Auflösung bekommen.“ Bisher war es mit Tomografie und Mikroskopie möglich, im Nanometerbereich oder sogar auf dem Level von einzelnen Atomen eine 3-D-Information zu bekommen. Mit Methoden der Spektroskopie kann man hingegen untersuchen, welche chemischen Elemente in einem Material sind. „Wir wollen beides vereinen: Durch die Kombination der Methoden sehen wir sowohl die 3-D-Struktur als auch, wo welches Element in welcher Menge vorkommt“, sagt die Grazerin.

Gemacht wird das alles im österreichischen Spitzen-Transmissions-Elektronenmikroskop am ZFE. Als Testprobe dient derzeit eine Aluminium-Magnesium-Legierung, in der es gewisse Ausscheidungen gibt, wodurch das Material sehr leicht und sehr stabil ist. „Das Material ist natürlich für die Flugzeugindustrie interessant. Es wird gerade am Institut für Werkstoffkunde der TU Graz entwickelt, und wir können zeigen, durch welche Nanostrukturen diese Aluminium-Legierung so stabil ist“, sagt Orthacker. Die Entwicklung dieses neuartigen Analyseverfahrens ist der Kern ihrer Dissertation, für die Orthacker am ZFE angestellt ist. „Ich bin seit meiner Masterarbeit am ZFE. Was danach kommt, daran denke ich noch gar nicht, sondern konzentriere mich auf das, was ich jetzt mache“, so Orthacker.

Von Dezember 2014 bis Jänner 2015 war sie erstmals in Australien. An zwei Universitäten in Melbourne erlernte sie Techniken, die dort schon etabliert, bei uns aber weniger bekannt sind. Mit den neuen Methoden leistet Orthacker in Österreich Pionierarbeit, um noch genauer darstellen zu können, wo in einem Material welche chemischen Elemente in welchen Mengen vorhanden sind. Das Arbeiten an der Monash University und der Melbourne University fielen ihr leicht, vor allem, weil es kaum sprachliche Barrieren gab. Orthacker wuchs zweisprachig mit Englisch und Deutsch auf: „Mein Vater ist Englischlehrer und hat zum Glück nur Englisch mit mir gesprochen.“ Auch ihre Schulzeit verbrachte sie im mehrsprachigen Umfeld in der International Bilingual School in Graz, und war jetzt froh, zwei Monate in einem englischsprachigen Land zu leben. „Denn ein Erasmus-Aufenthalt ging sich während meines Studiums leider nie aus.“

Wozu kann man die Methoden, die Orthacker in Australien und Österreich entwickelt, sonst noch nutzen? „Da sind kaum Grenzen gesetzt: Die Technik kann in so vielen Bereichen angewendet werden: wie zum Beispiel bei Werkstoffen, neuartigen Materialien, Proben aus der Nanotechnologie oder Dingen, die auch der Medizin nutzen können“, sagt Orthacker.

Zur Person

Angelina Orthacker wurde 1987 in Graz geboren und studierte an der TU Graz Technische Physik. Nun forscht sie am Zentrum für Elektronenmikroskopie in Graz und untersucht Aluminiumlegierungen so genau, wie niemand vor ihr. Dabei macht sie die Nanostruktur und Zusammensetzung der chemischen Elemente in 3-D sichtbar. Das gelingt durch die Kombination von Tomografie, Spektroskopie und Elektronenmikroskopie.

Alle Beiträge unter: diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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