Ländlicher Raum unter Druck

Warum geht es vielen ländlichen Regionen immer schlechter? Gibt es Auswege? Diese Woche wurden einige Antworten auf diese schwierigen Fragen gegeben.

Der ländliche Raum in Österreich kommt immer mehr unter Druck. Nicht zu übersehen ist das etwa an den vielen geschlossenen Geschäften, Wirtshäusern, Postämtern usw. Oder versuchen Sie einmal, auf dem Land eine schnelle Internetverbindung herzustellen – vergessen Sie es! Das Ausblutens peripherer Regionen ist noch lang nicht zu Ende. Laut Prognosen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (Örok) werden etwa das Südburgenland, Teile des Mühl- und Waldviertels oder Täler in der Steiermark und Kärnten bis 2030 weiterhin Abwanderungsgebiete bleiben; die Landeshauptstädte, insbesondere deren Umland, werden hingegen weiter wachsen.

Erklärungsansätze gibt es viele – richtige und falsche. Richtig ist etwa, dass die Entwicklung einer Region stark vom Urbanisierungsgrad abhängt; der Ausbau von Verkehrsinfrastruktur oder Breitbandanschlüssen ist daher wichtig. Eine Rolle spielt wohl auch ein Faktor, auf den der Thinktank Agenda Austria diese Woche erneut aufmerksam gemacht hat: Kleinere Gemeinden erhalten beim Finanzausgleich viel weniger Geld pro Kopf als größere.

Falsch ist hingegen die Vermutung mancher, dass Naturschutzgebiete – immerhin 16 Prozent der Staatsfläche – die Entwicklung einer Region behindern könnten. Eine Forschergruppe von TU Wien, Donau-Universität Krems und Suske Consulting hat sich im Detail angesehen, wie sich Gemeinden mit und ohne Natura-2000-Gebieten entwickelt haben. Das Ergebnis: Die Ausweisung von Natura-2000-Gebieten habe weder spürbare positive noch wesentliche negative regionale Folgen. Mancherorts gab es negative Auswirkungen auf die Agrarstruktur, andernorts profitierte der Tourismus. Die strukturellen Probleme von Regionen würden durch Naturschutzzonen weder verschärft noch gelöst, so die Forscher.

Gibt es also gar keine Hoffnung für ländliche Gebiete? Eine Idee aus dem diese Woche veröffentlichten Umweltkontrollbericht lässt etwas Hoffnung aufkeimen: Dort wird eine überörtliche Raumplanung propagiert, bei der Stadt, Umlandgemeinden und Land gemeinsam betrachtet werden. Konkret wird eine Energieraumplanung angesprochen, durch die räumliche Potenziale für die Gewinnung erneuerbarer Energien mobilisiert und gleichzeitig energieeffiziente Wirtschaftsformen umgesetzt werden. Solche Überlegungen klingen etwas utopisch, doch sie können das Wechselspiel zwischen Stadt und Land neu gestalten helfen. Zum Wohl aller.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

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diepresse.com/wortderwoche

(Print-Ausgabe, 09.10.2016)

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