Anpassung an den Klimawandel

An entschiedenen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel führt kein Weg vorbei. In der Praxis ist das allerdings nicht so einfach, wie man vielleicht denken möchte.

Kaum in Kraft getreten, ist der Pariser Klimaschutzvertrag nun wieder in ernsthafter Gefahr. Der eben gewählte nächste US-Präsident sieht im Konzept des Klimawandels einen Schwindel, den sich die Chinesen ausgedacht haben, um der amerikanischen Wirtschaft zu schaden. Er hat mehrfach angekündigt, aus dem Vertrag auszusteigen.

Das macht die Aufgaben, denen sich die Verhandler von fast 200 Staaten dieser Tage in Marrakesch stellen, nicht einfacher: Bei der laufenden UN-Klimakonferenz soll das politische Abkommen von Paris nun mit Leben erfüllt werden. Vordergründig geht es um eine deutliche Reduktion des Treibhausgasausstoßes, um die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen. Doch das reicht nicht aus: Selbst wenn die CO2-Emissionen von heute auf morgen auf null gestellt würden, wären die Konsequenzen der bisherigen Emissionen noch lang zu spüren. So hat die Weltgesundheitsorganisation WHO etwa berechnet, dass ohne entschiedene Maßnahmen bis 2030 zusätzlich 35 bis 122 Millionen Menschen in Armut und Hunger gestürzt würden – vor allem Kleinbauern in Afrika und Südasien. Mindestens genauso wichtig ist daher der zweite große Ast der Klimaverhandlungen, die Anpassung an den Klimawandel.

In der Praxis ist das allerdings eine haarige Sache. Trotz aller Fortschritte ist die Klima(folgen)-forschung mit großen Unsicherheiten behaftet. Ein Beispiel dafür lieferte diese Woche ein Forscherteam aus Holland und Nepal: Die Wissenschaftler haben verschiedene Szenarien für den Wasserhaushalt im Industal (in dem 200 Millionen Menschen leben) durchgespielt und kamen zu dem Ergebnis, dass sich das Wasserangebot mittelfristig um minus 15 bis plus 60 Prozent verändern könnte (Plos One 9.11.). Da ist guter Rat teuer. Die einzig sinnvolle Antwort darauf ist wohl die Steigerung der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) von Gesellschaft und Wirtschaft gegen die Risken.

Das Beispiel zeigt, dass man wesentlich weiter denken muss als bisher – wie österreichische Forscher kürzlich auch in „Science“ (21.10.) ausgeführt haben. Da spielen Versicherungen eine wichtige Rolle, aber auch kurative Maßnahmen (etwa besserer Hochwasserschutz an Küsten) und im schlimmsten Fall auch transformative Maßnahmen (wie etwa Umsiedlungen).

Wie solche Dinge realisiert und vor allem wie sie finanziert werden können, ist Gegenstand der laufenden Debatten. Ob mit oder ohne USA.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2016)

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