Bewertung von Ökosystemdienstleistungen

Das Bewerten von Ökosystemdienstleistungen in Geld ist immens schwierig. Derzeit werden aber große Fortschritte gemacht – die vielleicht auch Skeptiker überzeugen.

Dem Umweltschutz bläst in der neuen US-Regierung ein rauer Wind entgegen: Die Minister für Energie, Gesundheit und Stadtplanung sind ausgewiesene Klimawandelskeptiker, ebenso der neue Leiter der Umweltbehörde EPA. Diese Agentur solle, so heißt es im „America First Energy Plan“, auf ihre „essenzielle Mission“, nämlich den Schutz von Luft und Wasser, „refokussiert“ werden; weitere Kompetenzen z. B. für Gentechnik oder für Klimaschutz werden der EPA demnach entzogen. Dass es Präsident Donald Trump mit dem Retourgang in Sachen Umweltschutz ernst ist, hat er gleich an seinem zweiten Arbeitstag im Amt demonstriert – als er die von seinem Vorgänger Barack Obama erlassenen Baustopps für zwei umstrittene Pipelineprojekte zurückzog: die Keystone XL Pipeline und die Dakota Access Pipeline, die Öl aus kanadischem Teersand nach Texas bzw. aus Fracking-Anlagen nach Chicago befördern sollen.

Einsichten in ökologische Zusammenhänge oder gar ein Verständnis für die fundamentale Tatsache, dass wir Menschen Teil der Natur sind und nur in einer intakten Umwelt überleben können, sind von diesen Akteuren wohl nicht zu erwarten. Doch man sollte die Hoffnung nicht ganz aufgeben – denn einem Argument sind die handelnden Personen sicherlich zugänglich: Geld.

Einen „Wert der Natur“ zu bestimmen, ist immens schwierig – Luft z. B. hat keinen Preis –, auch die finanzielle Bewertung von Ökosystemdienstleistungen stößt auf viele Schwierigkeiten. Doch in diesem Bereich werden derzeit große Fortschritte gemacht. Nach langen Debatten wurde 2015 auf UN-Ebene ein einheitliches Regelwerk für eine Art Buchhaltung von natürlichen Ressourcen (SEEA-EEA) beschlossen. Nun folgen erste konkrete Studien auf dieser Basis: Forscher des Joint Research Centers der EU in Ispra haben eine methodisch hieb- und stichfeste Berechnung vorgelegt, welchen Wert die Reinigung von nitratverschmutztem Wasser durch die Natur hat. Verglichen wurden dabei die Fähigkeiten der Ökosysteme mit der billigsten technischen Möglichkeit mit derselben Reinigungsleistung – das waren in diesem Fall Pflanzenkläranlagen; kommunale Kläranlagen wären wesentlich teurer. Das Ergebnis: Intakte Ökosysteme ersparen in ganz Europa jährliche Abwasserreinigungskosten von rund 16 Milliarden Euro (Ecosystem Services 23, S. 18).

Eine imposante Zahl, die eigentlich auch kühle Wirtschaftsleute verstehen können sollten.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

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diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2017)

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