Wieso bekommen Menschen Schluckauf?

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Das Hicks kommt meist im unpassendsten Moment. Kaltes Wasser trinken oder einen Löffel Zucker essen hilft. Bleibt es, muss man zum Arzt.

Da denkt jemand an dich“, ist eine oft bemühte Volksweisheit zum Schluckauf. Tatsächlich zieht sich das Zwerchfell, das Bauch- und Brustraum trennt, plötzlich unwillkürlich zusammen. Der ruckartig eingesogene Luftstrom trifft auf die geschlossene Stimmritze, das schnelle Aufatmen erzeugt ein Hicks-Geräusch. Darüber hinaus ist Schnackerlstoßen – das Lateinische singultus bedeutet so viel wie schluchzen oder röcheln – aber ein wenig erforschtes körperliches Phänomen.

„Schreck oder Aufregung können einen Schluckauf auslösen“, sagt Gastroenterologin Vanessa Stadlbauer-Köllner von der Med-Uni Graz. So schnell wie er kommt, verschwindet er auch wieder: meist nach wenigen Minuten. Bleibt Schluckauf bis zu zwei Tage, rät Stadlbauer-Köllner zum Arztbesuch. Denn das könnte ein Hinweis auf eine Erkrankung des Magen-Darm-Trakts, etwa eine Gastritis, ein Magengeschwür oder sogar einen Tumor im Gehirn oder im Brustraum sein, der auf den Nervus phrenicus, den Zwerfellnerv, drückt.

Babys hicksen im Mutterleib

Grundsätzlich kann jeder Schluckauf bekommen, Babys – für Schwangere spürbar – sogar bereits im Mutterleib. Für Stadlbauer-Köllner ein Hinweis, dass die Lunge noch trainiert werden muss. Die werdenden Mütter wiederum bekommen ebenfalls leichter Schluckauf, wenn das Kind die Organe verdrängt und sich damit der Druck auf Bauch und Zwerchfell erhöht. Bei Erwachsenen bekommen sonst vor allem Krebskranke in einem fortgeschritteneren Stadium häufig Schluckauf.

Was hilft nun, um kurzzeitigen, gesundheitlich unbedenklichen Schluckauf wieder zu beenden? „Dazu gibt es viele gute Tipps, aber kaum wissenschaftliche Daten“, sagt die Medizinerin. Das dürfte auch zum Entstehen zahlreicher Mythen beigetragen haben. Sie reichen von siebenmal schlucken über jemanden mit der Waffe erschrecken bis hin zum Orgasmus. Aber wie gesagt: Wissenschaftlich erprobt ist das nicht.

Funktionieren sollten Taktiken, die den Hirnnerv, den Nervus vagus, oder den Zwerfellnerv reizen, meint Stadlbauer-Köllner. Dazu zählt die Luft kurz anhalten genauso wie kaltes Wasser trinken oder einen Löffel Zucker essen. Oder – besonders fürs Büro geeignet, weil man dafür nicht einmal extra aufstehen muss: am Sessel sitzend den Brustkorb auf die Oberschenkel legen.

Eine weitere Möglichkeit ist, den Aschner-Reflex zu reizen. Der nach dem österreichischen Arzt Bernhard Aschner benannte Trick besagt, dass sanfter Druck mit dem Daumen auf die Augenlider den nahe der Speiseröhre verlaufenden Nervus vagus anregt. Das hemmt den Schluckauf.

Erstickt ist wohl noch keiner

Wissenschaftlich liegt der Fokus der Forscherin ein Stück tiefer im Körper. Stadlbauer-Köllner befasst sich vor allem mit dem Mikrobiom, also der Vielfalt der Bakterien im Darm, sowie mit dessen Durchlässigkeit. „Der Darm muss durchlässig sein, damit wir Nährstoffe aufnehmen können. Durch Krankheiten gelangen aber auch Bakterien in den Körper, das gefährdet das Immunsystem“, sagt sie. Auch die oft tödlich endende Leberzirrhose interessiert sie.

Daneben erscheint ein einfacher Schluckauf vergleichsweise ungefährlich. Er ist zwar lästig, erstickt ist aber wohl noch keiner daran.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2016)

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