Damals schrieb Tod nach dem Bade

17. Februar. (Selbstmord.) In der Nacht von vorgestern auf gestern entleibte sich hier in seiner Wohnung nächst dem Leopoldsbade in der oberen Donaustraße ein junger Arzt, namens Nicolaus I.

Schon seit längerer Zeit mißmuthig, ging er gestern Abends in die erwähnte Badeanstalt und ließ sich ein Bad bereiten. Nachdem er dasselbe genommen, kehrte er in seine Wohnung zurück, legte frische Wäsche an und schrieb einige Zeit. Dann legte er sich zu Bette und wurde – niemand im Hause hatte eine Detonation gehört – am frühen Morgen in seinem Bett erschossen gefunden.

Sein Haupt war völlig zerschmettert, das Bettzeug, der Fußboden und die Wand am Bette mit Blut bespritzt. Aus der näheren Untersuchung ging hervor, daß der Unglückliche die Pistole, mit welcher er sich entleibte, nicht mit einer Kugel, sondern mit sehr viel Pulver geladen und in den Mund abgeschossen habe, nachdem er in den letzteren selbst noch eine Quantität Pulver genommen. Auf einem Tische fanden sich eine Menge Briefe vor, die von einer Dame herrühren, zu welcher Dr. I. in zärtlichen Beziehungen stand; außerdem ein Brief des Unglücklichen selbst, in welchem er als Ursache seines Selbstmordes wohl begründete Zweifel an der Treue seiner Geliebten bezeichnet.

Die Leiche wurde zur gerichtlichen Obduction in die Todtenkammer des allgemeinen Krankenhauses in Wien gebracht. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2015)

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