Damals schrieb "Die Presse": Verkehr und Curleben

Juli 1865. (Franzensbad.) Die kurze Anwesenheit des Grafen Belcredi in unserem Orte bildet noch immer das Tagesgespräch, trotzdem der Graf blos im Kreise seiner Familie lebte und äußerst wenig mit Fremden verkehrte. – Die Frequenz unseres Curortes ist heuer eine ungemein starke, besonders ist die Aristokratie zahlreich vertreten, die jedoch im Genusse der Freuden des Curlebens sehr zurückhaltend ist, und sich meist auf den Verkehr in eigenen Cercles beschränkt. Aufgefallen ist heuer, daß die Mehrzahl der Curgäste Herren sind, wodurch der Curort den Charakter eines Frauenbades ganz verlor.

Während die Verpflegung der Curgäste wärmstes Lob verdient und findet, hört man fast überall darüber klagen, daß bis jetzt immer noch die Post-Expedition nach Mitterteich, der letzten Bahnstation vor Franzensbad, eine so mangelhafte ist, daß die Passagiere meist Landkutschen benützen müssen; ein directer Verkehr der Post nach Mitterteich herrscht überhaupt nicht, die löbliche Polizeidirection findet es trotz der großen Zahl von Passagieren, die jährlich von Franzensbad nach Mitterteich fahren, nicht angezeigt, letzteren Ort zu einer Poststation zu erheben: man muß also, wenn man die Post benützen will, nach Eger, und von dort mit eigener Gelegenheit nach Mitterteich fahren. Die lauten Klagen, die dagegen bis jetzt erhoben wurden, waren nutzlos und wurden stellenweise in ungemüthlicher, nicht allzu höflicher Weise beantwortet. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2015)

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