Damals schrieb Böhmisches

Wien, 23. Februar 1866. Der böhmische Landtag bildet in diesem Augenblicke den Knotenpunkt feudal-föderalistischer Bestrebungen. Zwar beschlich die dortige Majorität die Ahnung, daß die feudal-nationale Liga keine Aussicht auf Erfolge habe, aber die Zuversicht ist so groß und die Möglichkeit eines Durchdringens der deutsch- und freiheitsfeindlichen Tendenzen noch so wenig beseitigt, daß der Beobachter, wenn sein Blick anhaltend auf Ofen geruht, Ursache hat, auch auf Prag zu schauen, wo der belcredianische Gruppengedanke seine stärksten Stützen findet. Dr. Rieger's Antrag auf Czechisirung der Prager Universität hält deutsche wie nationale Kreise in Athem; man sieht seiner Discussion im dortigen Landtage mit einer Erregung entgegen, die um so leichter begreiflich wird, als es sich geradezu um die Existenz eines der wichtigstenund bedeutsamsten Bildungs-Institute desgesammten Reiches handelt.

Es ist unnöthig, darauf hinzuweisen, daß es die Pflicht einer Regierung, welche die Interessen aller Parteien gleich hochhält, wäre, in diesem Sinne die Frage aufzunehmen. Ein Beweis, wie sehr von czechischer Seite Bemühungen gemacht werden, auch die studirende Jugend zu einer Demonstration in ihrem Sinne zu bewegen, dürfte die Vertheilung der Rede Dr. Rieger's unter die czechischen Studenten sein, die jedoch nicht auf Kosten des Redner, sondern des czechischen Landtagsclubs geschieht, der auch dem projectirten Fackelzug für Rieger die kräftigste Unterstützung verhieß. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2016)

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