Herr, vergib den Ungarn!

Damals schrieb...

(9. Jänner 1849) Die beiden magyarischen Blätter Figelmozo und Magyar Hirlup, welche unter den Augen der ungarischen Ausnahmebehörde erscheinen, undgegen ihre Launen in der öffentlichen Meinung bei weitem weniger Schutz finden, als die Wiener Blätter, arbeiten gegen die Einverleibung und administrative Theilung Ungarns, also gegen den Fortbestand eines konstitutionellen Oesterreichs. Eines dieser Journale wagte sogar in dem kaum pacificierten Lande, das noch unter dem Fuße des Eroberers zittert, die ministerielle Maßregel, mittelst welcher einige ungarische Komitate der Woywodina einverleibt wurden, offen als ungesetzlich in Frage zu stellen.

In Ungarn, welches wie „ein geschichtlicher Rückblick (in der offiziellen Wiener Zeitung) lehrt, nicht durch eigene Kraft, sondern durch die Machtanstrengung der Erblande wieder gewonnen wurde“, in Ungarn, wo der Aufruhr noch vor wenigen Wochen aufloderte, confiszirt man pro forma nur die betreffende Nummer dieses Blattes, nachdem sie schon an alle Abonnenten versendet war, und daher nichts mehr zu confisziren blieb. Das Blatt selbst aber ließ man am andern Tage ohne Hinderniß wieder erscheinen; und die Autorität erweckte durch diese lächerliche Confiskation weiter nichts als zur weiteren Verbreitung des Blattes möglichst beigetragen zu haben.

So verfährt man in Ungarn mit den wahrhaft „antiösterreichischen Tendenzen“. Die Presse aber, welche allein von allen Blättern Wiens eine wahrhaft österreichische Politik in Ungarn verfolgte, unddie Zukunft des Thrones und des Einheitsstaates selbst gegen die Kurzsichtigkeit der Minster vertheidigte, wird als „antiösterreichisch“ in Ungarn verboten und der Leser mit kriegsrechtlicher Behandlung bedroht! Herr, vergib ihnen! ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.