Bau, Herren, Preis

Ob Kleinod oder Großbaustelle: Routine und große Budgets sind zu wenig, um zum illustren Kreis zu gehören. Leidenschaft und Einsatz sind Voraussetzung. Ein Blick auf die diesjährigen Bauherrenpreisträger.

Was ist ein guter Bauherr, eine gute Bauherrin? Seit 1967 würdigt die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs Persönlichkeiten, die vorbildliche Bauten ermöglichen, mit dem Bauherrenpreis. „Exzeptionelle Lösungen, die in intensiver Kooperation von Bauherren und Architekten realisiert wurden“, sind gefragt. Das schließt Projekte, die ohne aktives Engagement der Bauherrschaft dennoch gut gelingen, aus. Um alle der eingereichten 114 Bauten gründlich unter die Lupe zu nehmen zu können, wurde das Beurteilungsverfahren des Bauherrenpreises heuer reformiert. Erstmals wurden Vorjurien eingesetzt, die bundesländerweise Baugeschichten vor Ort erhoben und maximal fünf Bauten pro Bundesland zu nominieren hatten. Die Hauptjury – Landschaftsarchitektin Maria Auböck, Architekturkritiker Otto Kapfinger und die Architekten Andreas Meck und Gerhard Mitterberger – kürte im Zuge einer viertägigen Reise durch Österreich daraus die verdienstvollsten Auftraggeber der Republik.

Von Architektur, Kunst und Kultur, die manchmal die Idylle stören, aber animieren, sich auf Neues einzulassen, schrieb Ulrike Böker, Bürgermeisterin des oberösterreichischen Ottensheim, in den Gemeindenachrichten anlässlich der erfolgten Eröffnung des neuen Amtshauses. Sie würdigte mit viel Empathie das Haus, lässt in der Danksagung an alle Beteiligten und vor allem an die Architekten, die bei solchen Gelegenheiten oft nur als Randnotiz aufscheinen, Wertschätzung für die geleistete Arbeit deutlich werden. Das aus einem offenen Wettbewerb hervorgegangene Gebäude der jungen SUE Architekten aus Wien erlangte als „authentische Union von politischem und planerischem Engagement, von ungeschönter Renovierung mit eindeutiger Modernität“ einen der sechs vergebenen Bauherrenpreise. Ein historisches Anwesen wurde unter strengen denkmalpflegerischen Auflagen zum Gemeindehaus ausgebaut. Pfleglich behandelt wurde das Alte, selbstbewusst, aber respektvoll angefügt der Neubau, der den öffentlichen Raum durch den Saal barrierefrei in den Arkadenhof und damit in das Herz der Anlage weiterführt. Im Wettbewerbsprojekt hatten die Architekten neben der sanften Renovierung des stark sanierungsbedürftigen Gebäudekomplexes aus dem 16. Jahrhundert ein davon abgesetztes gläsernes Forum auf dem Platz vorgesehen. Bei der Bevölkerung stieß der so deutlich exponierte Gemeinderats- und Mehrzwecksaal nicht auf ungeteilte Gegenliebe, und so wanderte – durchaus zum Vorteil des Gesamtprojektes und ohne die Intention eines offenen Amtshauses aufgeben zu müssen – der Neubau direkt in die Baulücke neben dem Bestand.

Ein historisches Denkmal gab auch den Anlass für eine zeitgemäße baukünstlerische Intervention im steirischen Eichberg. Dort ackerte vor fast 30 Jahren Altbauer Vinzenz Hammerl Fragmente eines Römersteins aus, meldete, wie es sich geziemt, den Fund und löste damit eine lange Geschichte mit Happy End aus. Es fügte sich, dass Architekt Klaus Kada sich bereit erklärte, einen Schutzbau für das wiederhergestellte römerzeitliche Doppelgrab zu konzipieren. Die winzige Landgemeinde unter Bürgermeister Uhl bewerkstelligte es mit viel persönlichem Einsatz, das Projekt zu finanzieren. Das skulpturale Stahldach spannt sich als schützender Raum über das Denkmal, spielt in seiner Zweigeteiltheit auf das hier begrabene Paar an, bildet eine Eingangssituation aus, fokussiert durch den verglasten Deckenschlitz das Tageslicht und „markiert lokal einen Wendepunkt der Akzeptanz moderner Baukunst“, wie Otto Kapfinger für die Jury formulierte.

Präzise Vorstellungen, ein befruchtender Diskurs zwischen den Beteiligten und Angemessenheit in der Wahl der Mittel, gepaart mit dem Anspruch, Betriebskonzept, Wirtschaftsgebäude und Landschaft auf hohem Niveau in Einklang zu bringen: Das Weingut Claus Preisinger im burgenländischen Gols von propeller z ist kein modernes Weinschloss, bei dem die Effekthascherei zelebriert wird, sondern ein landwirtschaftliches Betriebsgebäude, das bei hoher Alltagstauglichkeit und einem geerdeten Ambiente dem Sein und nicht dem Schein verpflichtet ist. – Auch größere Budgets, umfangreiche Bauvolumen und routinierte Auftraggeber sind durch die Schwerfälligkeit der daraus resultierenden Strukturen meist keine Garanten für herausragende Ergebnisse. Drei Fälle, in denen es dennoch klappte, sind die weiteren drei Bauherrenpreisträger.

Das Wohnhaus „Die Bremer Stadtmusikanten“ in der Wiener Tokiostraße von den ARTEC Architekten und der Wohnbaugenossenschaft Neues Leben – an dieser Stelle bereits gewürdigt – beweist, dass im geförderten Wohnbau bei einiger Anstrengung durchaus abwechslungsreiche Gebäudevolumina mit differenzierten Raumtypologien und attraktiven privaten Freiräumen und Zusatzangeboten realisierbar sind.

Künftige Bauherren in einem der wichtigen Wirtschaftszweige unseres Landes werden in der Tourismusschule Bad Hofgastein der Wirtschaftskammer Salzburg ausgebildet. In ihrem neuen Erweiterungsbau von Fasch & Fuchs wird ihnen nun nicht nur eine enorm verbesserte Lern- und Wohnumgebung geboten, sondern auch vermittelt, wie Architektur die atmosphärischen Potenziale eines Ortes zu nutzen und zu betonen vermag. Die Schule als Lehrer für eine moderne, umweltverträgliche und stimulierende Freizeitarchitektur!

Auch die neue Universitäts- und Landesbiblitothek Tirol an der Universität Innsbruck von den Architekten Eck & Reiter und Rossmann unter Bauherrschaft der Bundesimmobiliengesellschaft leistet mehr als bloß die längst überfällige Bereitstellung einer notwendigen Bildungsinfrastruktur. Sie verkörpert ein vorbildliches Verständnis von öffentlichem Bauen zum Wohle der ganzen Umgebung. Außerdem verbindet der Bau die einst hermetisch zum öffentlich Raum hin wirkenden Universitäts-Hochhäuser mit dem Stadtraum, bietet attraktive Freibereiche und lässt die Universität im Stadtraum präsent werden.

Eines ist allen gemeinsam: Routine allein reicht nicht, Leidenschaft für die Sache und ein überdurchschnittlicher Einsatz war notwendig, um all diese so gut angenommenen Bauten in die manchmal nicht sehr kunst- und architekturfreundliche Welt unserer Kulturnation zu setzen. Gratulation! ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2010)

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