Wirklichkeit nach Tagsatz

Architektur im Kontext: zu den Fotografien Paul Otts.

Wer die Arbeitsweise des Architekturfotografen Paul Ott kennt, versteht, warum Fotografen Honorare nach Tagsätzen verrechnen. Man trifft ihn am Morgen bei einem abzulichtenden Objekt und kann ihn spätnachmittags noch an derselben Stelle sitzen sehen, wartend auf den Moment, der sein Sujet ins beste Licht rückt. Hell-gleißend ist dieses in Otts Bildern nie, denn es geht ihm nicht um das kontrastreiche, singuläre Hervorheben von Gebautem, sondern im Gegenteil um seine Einbettung in einen Rahmen – den der Stadt, der Landschaft, des Ganzen. Das Grün der Blätter und Halme wird zum Filter. Solche Aufnahmen gleichen Vexierbildern und kommen den Intentionen der Architekten, denen Kontextualität wichtig ist, ganz nahe.

Den Bildern in seinem Band „Fotografie über Architektur“ ist der erkennende Blick des Fotografen anzusehen, aber auch Eigenschaften wie Geduld, Konzentrationsvermögen und Bescheidenheit sind ablesbar. Otts Arbeit als Architekturfotograf ist dokumentarisch; sie bildet Wirklichkeit ab und will zum Verstehen eines architektonischen Konzepts, einer Absicht beitragen. Die Entscheidung, den Aufnahmen weder Titel noch Objektdaten hinzuzufügen, konzentriert den Blick auf Bildgehalt und Bildcharakter, die Wahl von nicht hochglänzendem Papier verschönert ihn. Am Buchende sind Bildsujets und Architekten gelistet. ■

Paul Ott
Fotografie über Architektur
224 S., geb., € 58,32 (Springer Verlag, Wien)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2012)

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