Und dann sang er weiter, der Leiter

Festschrift für Klaus Amann: profunde bis launige Beiträge zur Literaturgeschichte.

Die Festschrift ist ein traditionsreiches Genre – und ein schwieriges. Im Idealfall versammelt sie Beiträge von Schülerinnen, Schülern und Weggefährten der geehrten Person, die mit ihrem Wirken in der einen oder anderen Form verbunden sind. An möglichen Anknüpfungspunkten fehlt es bei den breit gestreuten Interessen des Literaturwissenschaftlers und abtretenden Leiters des Klagenfurter Musil-Instituts, Klaus Amanns, nicht. Harald Jele und Elmar Lenhart haben unter dem Titel „Literatur – Politik – Kritik“ Aufsätze versammelt und in drei Abschnitte geteilt, die nicht dem Dreiwort-Titel folgen, sondern der Profession der Schreibenden.

Der erste Abschnitt bringt „Beiträge aus der Literaturwissenschaft“, viele von liebevoller, oft auch raffiniert inszenierter Nähe zu Amanns Leben und Wirken. Norbert Christian Wolf analysiert die Beziehung der beiden Größen der österreichischen Literatur Peter Handke und Elfriede Jelinek. Das ist an sich schon spannend; am Ende enthüllt sich der konkrete Bezug: Der bisher letzte Baustein dieser Beziehungsgeschichte ist Jelineks Gratulationsartikel zu Handkes 70. Geburtstag, erschienen im Jahrbuch des Musil-Instituts „literatur/a“. Interessant auch Hans Höllers Spurensuche nach einer literarischen Gegenutopie zu Ingeborg Bachmanns Wirtshaus in „Unter Mördern und Irren“ oder Herwig Gottwalds Frage nach den (Selbst)Positionierungen der Intellektuellen nach dem scheinbaren Ende der herkömmlichen politischen Markierungenam Beispiel von Botho Strauß.

Der zweite Abschnitt ist dem Archivleiter Amann gewidmet. Neben konkretenFunden aus anderen Literaturarchiven enthalten manche Aufsätze auch prinzipielle Überlegungen, wie jener von Gerhard Fuchs, der die Tätigkeit des literarischen Archivs mit der Kanondebatte verbindet und dabei einige problematische, der Pragmatik geschuldete Verfahrensweisen sehr offen anspricht.

Trost in der Kärntner Literatur

Das dritte Kapitel ist das launigste. Hier kommen Autorinnen und Autoren zu Wort, die Klaus Amann für seine langjährige Arbeit für die gemeinsame Sache danken. Mit der größeren Freiheit des künstlerischen Zugriffs sprechen sie auch manches an, das sonst unerwähnt bliebe. „Er sang auch als Musilhausleiter. / Oft traf dort auf Missgunst und Neid er. / Als Trost blieb ihm nur / Kärntens Literatur, / die las er, und dann sang er weiter.“ So reimt Antonio Fian in seinem Gedicht „Vor dem Ruhestand“, was die große Absenz des unmittelbaren Klagenfurter Umfelds im Band erklären mag.

„Prekär erscheint mir diese Verquickung aus privaten und beruflichen und lokalen Engen, die sich notgedrungen ergeben, wenn man an exponierter Stelle seinen Weg geht. Konsequent? Oder stur?“, fragt Lydia Mischkulnig erstaunlich kritisch in ihrer durchaus ehrenden Hommage. Sie selbst, so Mischkulnig, hätte es in Kärnten nicht aushalten können: „Ein Männerverein, tät ich sagen, aber bitte.“

Sehr fein spielt Evelyn Schlags Gedicht„musilhaus“ auf Amanns Essay über Ingeborg Bachmann „Denn ich habe zu schreiben. Und über den Rest hat man zu schweigen“ (1997) an: „komm rein und lies uns / die leviten über diese ingeborg!“Und Leopold Federmann widmet dem scheidenden „Musilhausleiter“ eine intelligente „Dekonstruktion“ des „Mannes ohne Eigenschaften“. ■

Harald Jele und Elmar Lenhart (Hrsg.)

Literatur – Politik – Kritik

Beiträge zur Österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts. 272 S., zehn Abb., geb., € 25,60 (Wallstein Verlag, Göttingen)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2015)

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