Was ich lese

Schauspielerin, derzeit bei den Festspielen in Stockerau
[ Foto: Elsa Okazaki ]

Mich fasziniert Jean Zieglers Buch Ändere die Welt (C. Bertelsmann Verlag). Es beginnt mit der Geschichte eines kleinen Buben in den Slums von Olinda im Nordosten Brasiliens. An seinem Schicksal wird klar, dass wir uns im wohlhabenden Teil der Welt längst an das Elend des armen und von uns ausgeraubten Teils dieses Planeten und seiner Bewohner in beschämender Weise gewöhnt haben.

Ziegler versucht anhand der Schilderungen des Zustandes der Länder, die er als Ernährungsbeauftragter der UNO bereist, die Ungerechtigkeit bewusst zu machen. Die Konfrontation mit Hunger, Unterversorgung auf allen Gebieten, Arbeitslosigkeit, Krankheit und Elend machen sprachlos und zutiefst betroffen. Beim Lesen dieser Schilderungen drängt sich die Frage auf, was zu tun wäre, um all das zu ändern. Die Hilflosigkeit, die ich dabei empfinde, ist beschämend.

Erschreckend einsehbar erscheint die Tatsache, dass die Diktatur des Kapitals und die Globalisierung die Welt in einer noch nie dagewesenen Weise bedrohen. Die Fortschritte auf dem Gebiet der Technik oder Medizin lassen uns blind und taub werden für die Tatsache, dass wir auf Kosten der Umwelt und der anderen armen Hälfte der Menschheit leben. Die sogenannte westliche Welt lebt im Bewusstsein des Sieges über Hunger, Elend und Seuchen wie Aids und Ebola, scheint aber die verheerenden Seuchen der Gier und des Geizes zu übersehen.

Jean Ziegler zitiert den schottischen Philosophen Edmund Burke: „Alles, was das Böse braucht, um zu triumphieren, ist das Schweigen der guten Menschen.“ Dieses Schweigen zu brechen ist das Ziel dieses Buches. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2015)

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