Treffer: Da staunte die Gouvernante

Es scheint ein verwunschener Ort zu sein, an den ein junges Mädchen gelangt: Vor allem nächtens sind rätselhaft-schauerliche Geräusche und Schreie zu vernehmen. Doch das Mädchen hat bereits zu viel erlebt, als dass es sich nun einschüchtern ließe, womöglich ihre erste Arbeitsstelle außerhalb ihrer Internatsschule rasch wieder zu verlassen. Sie ist als Kindeshüterin, als sogenannte Gouvernante, angestellt, und sie möchte ihre Aufgaben so gut wie möglich verrichten. Die Arbeit mit dem ihr anvertrauten Kind bereitet ihr in der Tat viel Freude, und auch die anderen Hausbewohner, eigentlich: Bediensteten, sind ihr wohlgesinnt.

Eines Tages trifft sie auf dem weitläufigen Areal auf einen Fremden, der ihr sehr seltsam erscheint – und vice versa. Da bis dahin der eigentliche Hausherr und Vorgesetzte des Mädchens berufsbedingt noch nicht in Erscheinung getreten ist, ist das Mädchen verständlicherweise sehr überrascht, als sich dieser seltsame Fremde als Hausherr erweist. Er ist natürlich genauso erstaunt über dieses prompte Wiedersehen in seinen eigenen vier Wänden und ist es bald darauf noch viel mehr, als er, als ziemlich großer Misanthrop, sein Interesse und seinen Respekt für seine Angestellte entdeckt.

Aus diesem anfänglichen Interesse soll bald mehr werden – was, wie in der Literatur üblich, Folgen nach sich zieht. Der Mann möchte das Mädchen bald heiraten, doch gäbe es noch einige Schwierigkeiten, die zuerst bereinigt gehörten – was er nicht tut. So zieht die junge Frau die Konsequenz aus dieser unmöglichen Verbindung und verlässt das Haus. Auf der Suche nach Unterschlupf und auch ihrem ganz eigenen Platz in der Welt tritt sie eine Stelle als Lehrerin an. Die Arbeit gefällt ihr, allein, die Umstände sind dort nicht die richtigen für sie.

Und wäre es keine Geschichte, gäbe es letztlich nicht doch ein Zeichen, das das Mädchen zurück zu dem seltsamen Haus mit dem seltsamen Mann treibt. Ein Happy End folgt trotz aller Widrigkeiten unweigerlich. Die beiden Protagonisten fristen indes seit geraumer Zeit als Teil der Weltliteratur, als „Gothic Novel“, ihr Dasein in Händen von Schulkindern und Literaturliebhabern. Die Autorin wiederum hatte zwei Schwestern, ebenfalls Schriftstellerinnen. ■

Wer traf wen? Worin bestehen die Schwie-
rigkeiten des Mannes? Von wem stammt
das Buch?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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