Treffer: Einer, der nicht „Bitte“ sagt

„Nichts ist leerer als ein leerer Swimmingpool.“ Was für ein Satz. Der gefällt ihm.

Und überhaupt: Der Typ, der so etwas schreibt, ist begabt, der hat einen Blick für Details und schafft es, sich kernige Dialoge einfallen zu lassen. Das zeigen seine Erzählungen. Wieso es nicht einfach mit ihm probieren?

Also bestellt er ihn ins Studio und drückt ihm einen Roman von James M. Cain in die Hand: Ob er sich zutraue, daraus ein Drehbuch zu verfassen? Na klar. Zehn Tage später steht der Autor neuerlich im Studio, diesmal mit dem Skript. „80 Seiten Bullshit“, so der Kommentar seines nunmehrigen Lehrmeisters. Doch er gibt seinem Schützling eine zweiteChance und schlägt ihm vor, das Buch gemeinsam zu verfassen.

Über viele Wochen lang treffen sich die beiden täglich und sitzen stundenlang über den Szenen. Was sie dabei aufs Papier bringen, hat wirklich Klasse, erklärt der Regisseur, der nach seiner Emigration aus Europa in den USA eine neue Karriere gestartet hat. Doch eines Tages wartet er vergeblich auf seinen Kompagnon. Was ist los? Er ruft den Produzenten des Filmes an und erfährt, dass der Schriftsteller sein Entlassungsschreiben eingereicht hat und darin auch die Motive für seinen plötzlichen Rücktritt angibt: An einem sonnigen Tag, so schreibt er, wollte sein Partner, dass er den Vorhang schließe, damit ihn die Sonne nicht blende, und habe dabei vergessen, „bitte“ zu sagen. Außerdem störe es ihn, heißt es weiter, dass dieser schon mittags dreiMartinis trinke und ständig Kontakt mit blutjungen Mädchen habe.

Doch sind das die wahren Gründe dafür, dass der Autor das Handtuch wirft? Vielleicht möchte er lieber zurück zu seinem eigentlichen Genre: den Romanenund Erzählungen von Mord und Totschlag und von den Tücken, Verbrecher zu jagen.

Der Regisseur jedenfalls wundert sich über diesen Abgang. Und Jahre später auch noch darüber, dass ihn der seltsame Kauz als Nazi beschimpft, wiewohl er Jude ist. Er bringt das Drehbuch alleine fertig und ist fair genug, seinen Mitarbeiter nicht vollends unter den Tisch fallen zu lassen. Als „Double Indemnity“ („Frau ohne Gewissen“) 1944 in die Kinos kommt, liest man ihrer beider Namen im Abspann,in Harmonie vereint. ■


Wer traf wen? Die Hauptdarsteller
des Films? Die bekanntesten Bücher
des Autors, die auch verfilmt wurden?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2015)

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