Wie ist das für einen Mann, wenn die Fast-Exfrau, alsodie getrennte, nicht geschiedene Frau, freiwillig, wie man so sagt, aus dem Leben scheidet? Wenn dann auch Vorwürfe gegen den Mannvorgebracht werden, dass er nicht wenig Schuld daran trüge?
Getroffen haben sich die beiden einst an der Universität Cambridge. Dann beginnt auch sehr schnell ihre Liaison, die ebenso schnell offiziell besiegelt wird. Da die beiden dasselbe berufliche Umfeld teilen, können sie sich gut arrangieren. So ziehen sie kurz nach der Hochzeit in die USA und sind als Universitätslehrende und Schreibende tätig. 1959 kehren sie zurück nach England und erwerben nach einem kurzen Zwischenstopp in London ein Haus auf dem Land.
Als junge Mutter von zwei Kindern ist die Frau bald hin- und hergerissen zwischen ihrer realen Familienwelt und der fiktionalen Schreibwelt. In zahlreichenBriefen an ihre Mutter schwärmt sie immerfort von ihrem wunderbaren Leben, von ihrem vollkommenen Glück – nichts davon ist jedoch wahr, im Gegenteil: Seit ihrer Jugend bereits leidet sie an Depressionen. Ein früher erster Selbstmordversuch scheiterte. Da eine brutale Therapie keinerlei positive Wirkung zeigte, begibt sie sich nicht erneut in Behandlung.
Dem Mann ergeht es viel besser, er ist weder verloren zwischen verschiedenen Welten, noch hadert er mit seinem Gefühlsleben. Die Probleme seiner Frautangieren ihn wohl auch nicht allzu stark. Ihre Anschuldigungen, er sei ihr untreu, weist er ab. Die Anschuldigungen seien schlicht haltlos. Nicht viel später bewahrheiten sie sich allerdings doch, was zur Trennung der beiden führt.
Ihr bekanntestes Werk erscheint im Jänner 1963. Es wird unter einem Pseudonym publiziert, da sie darin, ganz derSchule der sogenannten Confessional Poetry verpflichtet, stark autobiografisch gefärbte Details preisgibt und damit ihre Familie bloßstellen würde. Rund vier Wochen später legt sie Hand an sich und stirbt, erst 30-jährig.
Jahre darauf verlegt der Mann das Buch erneut, diesmal unter ihrem tatsächlichen Namen. Für ihr lyrisches Gesamtwerk, ebenso viel später veröffentlicht, wird ihr posthum der Pulitzerpreis verliehen. ■
Wer traf wen? Das bekannteste Werk der Frau? Wer wird zu den Vertretern der Confessional Poetry gezählt?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2016)