Die verspielte Welt der Designer

Leicht haben es Spieleautoren nicht – unzählige Absagen, Modifizierungen und viel, viel Frust warten auf dem Weg zum ersten Spielepreis. Einen solchen hat jetzt das Brettspiel „Asara“ bekommen.

Spielepreise sind eine feine Sache. Sie schaffen Aufmerksamkeit für das Kulturgut Spiel und sind meist verbunden mit erhöhten Auflagenzahlen und damit auch mehr Geld für den Autor. Wer darüber hinaus noch einen Bestseller wie „Die Siedler von Catan“ oder „Carcassonne“ landet, kann mit den bunten Schachteln voll Kartonplättchen und Holzteilen viel Geld verdienen.

Jedes Jahr im August gibt die „Wiener Spiele Akademie“ unter dem Vorsitz von Dagmar de Cassan die Preisträger des Österreichischen Spielepreises bekannt. Neben Auszeichnungen in den Kategorien Familien, Freunde, Kinder und Experten gibt es auch ein „Spiel der Spiele“. Dieser Hauptpreisträger ist nach Ansicht der Kommission besonders zeitgemäß und unterhaltsam. Heuer ist „Asara“ – auch schon nominiert für das Spiel des Jahres – zum „Spiel der Spiele“ gekürt worden. Hinter dem Brettspiel rund um den fantastisch-orientalischen Turmbau steht ein etabliertes Autorenduo: Michael Kiesling und Wolfgang Kramer.

Kramer ist – im positiven Sinn – ein Urgestein der Spieleszene und einer der wenigen, der von seiner Autorentätigkeit leben kann. Kramer erzählt gern von seinem Sprung in die Selbstständigkeit – 1989 war der ehemalige Betriebswirt Deutschlands erster hauptberuflicher Spieleautor. Eine zentrale Frage für seine Frau und ihn war, ob die Autorentätigkeit ein (finanzielles) Überleben sichern könne. Eine Frage, die sich auch mehr als 20 Jahre später noch stellt – die Zahl der hauptberuflichen Spieleautoren ist begrenzt. Dabei hört sich die Tätigkeit ausgesprochen spannend an: Spiel entwickeln, Spiel testen, Spiel veröffentlichen und – klarerweise – einen Bestseller landen! Viele junge Autoren haben diesen Traum und dazu ihrer eigenen Meinung nach auch das passende Spiel.

Was darauf folgt, ist der Kontakt mit einem Verlag. Der mühsam handgemachte Prototyp wird an den Verlag geschickt und nach ein, zwei Monaten des bangen Wartens zurückgeschickt – inklusive Absageschreiben. Die Gründe sind genauso vielseitig wie die eingereichten Ideen: passt nicht ins Programm, zu lang, zu kompliziert, zu einfach, zu viel Material, zu wenig originell und natürlich auch zu teuer in der Produktion. Wer den ersten Frust überwunden hat, sucht natürlich nach Verbesserungs- und Lösungsansätzen und findet diese entweder im Internet oder idealerweise bei Workshops und Seminaren für Spieleautoren.

Auch wenn heuer kein österreichischer Autor unter den Preisträgern der „Wiener Spiele Akademie“ war, hat sich die Szene in den letzten Jahren doch sehr gut entwickelt. Mitte August fand das alljährliche Spieleautorentreffen im Österreichischen Spielemuseum statt. Gekommen waren nicht nur mehr als 20 Autoren (darunter wenige Autorinnen), sondern auch Verlagsvertreter. Ravensburger, Hans im Glück und der Heidelberger Spieleverlag hatten ebenso Redakteure geschickt wie die Spiele Agentur White Castle. Zwei Tage lang wurden die Prototypen gespielt, getestet und teilweise auch angepasst. Alles mit dem Ziel, bei einem Verlag unterzukommen. Dabei steigt die Qualität von Jahr zu Jahr.

Laut Lothar Hemme vom Ravensburger Spieleverlag liegt dies vorrangig an der guten Vorinformation im Internet. Vor einigen Jahren noch waren sehr viele „Totalausfälle“ bei Autorentreffen im deutschsprachigen Raum zu finden. Mittlerweile hat es so etwas wie eine Professionalisierung gegeben. Die präsentierten Spiele decken ein breites Spektrum ab, sind aber in sich sehr gut ausgearbeitet. So etwa ein noch namenloser Prototyp von Alexander Pfister, der bereits nach zwanzig Minuten vom Hans im Glück Verlag mitgenommen wird. Mehr braucht Moritz Brunnhofer nicht, um das Potenzial zu erkennen. Eine Garantie für eine Veröffentlichung ist das aber freilich nicht. Zu viele Faktoren spielen da mit – allen voran die verlagsinternen Testrunden. Fällt ein Spiel hier durch, gibt es wenig Hoffnung. Ist diese Hürde gemeistert, beginnt etwas, womit manche Autoren Probleme haben: Der nötige Endschliff durch die Redaktion wird oftmals als sehr persönlicher Eingriff wahrgenommen, ist aber das genaue Gegenteil. Der Hans im Glück Verlag ist bekannt dafür, viel, aber auch sehr gut redaktionell in die Spielkonzepte einzugreifen. So spielte sich die erste Version von „Carcassonne“ angeblich noch deutlich anders. Brunnhofer und sein Redaktionsteam erkannten damals aber das Potenzial des heutigen Klassikers, reduzierten ihn auf das Wesentliche und korrigierten damit einen beliebten Fehler unerfahrener Autoren.

Und dann gibt es da natürlich noch die Angst vieler neuer Autoren, jemand könnte ihre Idee stehlen. Die Frage, was zu machen sei, kommt bei jedem Autorentreffen. Im Gros der Fälle absolut unbegründet, entgegnet Hemme dann. Die Szene sei zu klein für Plagiate. Ganz abgesehen davon lässt sich eine Spielidee nicht wirkungsvoll schützen, aber das ist ein Thema für Juristen.

„Worker Placement“ im Trend

Der wirkungsvollste Schutz – und das klingt zuerst paradox – ist aber das Spielen selbst. Je mehr Personen und Verlage das Spiel kennen, desto sicherer ist es innerhalb der Szene verankert. Was jedoch nicht verhindert werden kann, ist, dass einzelne Mechanismen aufgefasst und weiterverarbeitet werden. Die Zahl an Mechanismen ist endlich, und somit ist es gang und gäbe, Bekanntes neu zu arrangieren. Wolfgang Kramer und Michael Kiesling haben für „Asara“ auch auf einen derzeit sehr gefragten Mechanismus – Worker Placement – zurückgegriffen, ihn aber ungemein geschickt variiert. Arbeiterkarten müssen farblich passend eingesetzt werden. Daraus resultiert ein schönes Dilemma. Eingebettet ist dieses zentrale Element in eine durchaus bekannte, handwerklich aber sehr saubere Struktur. Und mehr ist manchmal auch nicht nötig, schließlich kann es für den leichten Einstieg sehr hilfreich sein, auch auf bereits bekannte Mechanismen zurückzugreifen.

So machen es die meisten Autoren, auch Österreicher wie etwa Andreas Pelikan, der 2007 mit „Fangfrisch“ sein erstes Spiel veröffentlichte und bereits ein Jahr später mit „Wie verhext!“ für das Spiel des Jahres nominiert wurde. Seine Spiele lassen sich bisher nicht in einen Raster zwängen. Hier drängt sich die Frage auf, ob man von so etwas wie einem österreichischen Stil sprechen kann. Nein, meint Dagmar de Cassan, denn Österreich und Deutschland haben eine gemeinsame Spielkultur. Dies ergibt sich schon allein durch die große Anzahl deutscher Verlage. Denn wer sein Spiel veröffentlicht sehen will, schaut zuallererst nach Deutschland. Umgekehrt schauen die Verlage glücklicherweise nicht, woher die Spielideen kommen. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.