Kids, lasst euch nicht entmutigen!

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wozu noch etwas unterrichten, wozu noch etwas lernen, was man im durchregulierten „praktischen“Leben nicht braucht? Ich aber sage: Und dennoch, gerade deshalb! Courage! Aufruf an unsere jungen Leute und ihre Lehrer, gehalten in approbierter Textsorte 9: Feierrede.

Ist Ihnen das auch schon passiert? Sie sind bei Leuten eingeladen, in deren Wohnung es keine Bücher mehr gibt. Alles da, alles, was der Mensch in unserer fortgeschrittenen Zeit eben so braucht oder zu brauchen glaubt. Kein Zimmer ohne Bildschirme. Kein Kind ohne Playstation. Aber Bücher? Wozu denn?

Glatte Oberflächen. Unwahrscheinlich,dass die Bücher irgendwo dahinter versteckt sind. In Ray Bradburys Roman „Fahrenheit 451“ kommt so etwas noch vor. Dass nostalgische Freaks ihre Bücherregale raffiniert tarnen. Um sie zu enttarnen und die Bücher unschädlich zu machen, rückt die Feuerwehr aus.

Die Feuerwehr, im Originaltext „the fire-brigade“. Eine schnelle Einsatztruppe, ausgerüstet mit Kerosinkanistern und Flammenwerfern. Sie ist dafür zuständig, Bücher aufzuspüren und zu vernichten. In denWohnungen, die mir in diesem Zusammenhang einfallen, werden solche Feuerwehreinsätze nicht mehr nötig sein. Vielleicht haben Sie dieses Buch jaauch einmal gelesen. Fahrenheit 451, das ist dieTemperatur, bei der Bücher Feuer fangen. Bücherwerden in der Gesellschaft, die der Autor evoziert, für gefährlich gehalten. Bücher können die Menschen irritieren, Bücher können unglücklichmachen, in Büchern werden Fragen gestellt, auf die man in der schönen, neuen Welt mit den glatten Oberflächen keine Antworten hat.

Lesen könnte jene Gesellschaft, die im Jahr 1953 – das war das Erscheinungsjahr des Buchs – noch reichlich utopisch erschienen ist, jedenfalls bei uns in Europa, destabilisieren. Eine Gesellschaft, in der die Menschen von Fernsehwänden umstellt sind. In der sie nachts nur mit Hilfe von Pillen schlafen können, weil sie rundherum (und rund um die Uhr) beschallt werden. Kommt uns inzwischen ziemlich bekannt vor, nicht wahr?

Eine Gesellschaft, in der vor allem Spaß verordnet wird. Nicht einmal von oben –Bradbury hat in einem Interview darauf hingewiesen, dass er keineswegs eine Diktatur beschreibt, die da plötzlich die Macht ergriffen hätte. Die Entwicklung dieser Gesellschaft mit ihrer signifikanten Ablehnung von Literatur und Kunst hat sich schrittweise vollzogen. Und dann ist dieses Stadium der Entwicklung eben erreicht, und das ist doch genau das, was die Mehrheit in dieser Gesellschaft eben will, denn bis auf ein paar Perverse, die ihr anachronistisches Laster nicht lassen können, sind alle happy.


Sind wir auch bald so weit? Aber woher denn!, werden viele sagen. Gerade hier und jetzt, bei der Überreichung der österreichischen Kunstpreise 2014, wird doch wieder einmal ein Beweis für das Gegenteil angetreten. Da werden Preise für bildende Kunst, künstlerische Fotografie, Video- und Medienkunst, Musik, Film und Literatur verliehen. Und das ist nicht nur erfreulich für jene, die diese Preise bekommen, sondern es ist auch ein Signal der Wertschätzung dessen, was sie tun. Lieber Herr Bundespräsident, lieberHerr Minster, liebe Jury, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, sehr geehrte und liebe Gäste, aber ist es nicht eigenartig,dass der Staat Österreich einerseits einen Preis dafür verleiht, dass sich jemand sein Lebtag – wie in meinem Fall – mit Literatur beschäftigt? Und dass anderseits Literatur etwas ist, mit dem die Lehrkräfte an unseren höheren Schulen ihre Schülerinnen und Schüler künftighin gefälligst weniger belästigen sollen? Vielleicht (ich hoffe das immer noch) ist das ja nur ein Gerücht: dass mit der Ausrichtung auf die Zentralmatura und die dafür geforderten Normen eine auch nur ein wenig unter die Oberfläche platter Praxisorientierung reichende Beschäftigung mit Literatur oder gar Literaturgeschichte kaum mehrinfrage kommt.

Die Anregungen, die gute Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer ihren Schülerinnen und Schülern durch Auseinandersetzungmit Literatur gegeben haben – die dadurch oft in Schwung gebrachte Entfaltung von Empathie, Fantasie, Kreativität –, das war gestern. Unbelehrbaren Lehrpersonen, die glauben, sich diesbezüglich weiterhin engagieren zu müssen, wird die Lust und vor allem die Energie dazu schon noch vergehen. Die haben jetzt genug anderes zu tun, vor allem haben sie Formulare und Fragebögen auszufüllen. Alles muss standardisiert und evaluiert werden, man will ja wissen, ob die Maßnahmen, die man da setzt, zu den erwünschten Ergebnissen führen.

Und das wird schon werden. Wir werden schon sehen! Literatur ist halt mit dem Leben, auf das die Schülerinnen und Schüler ja bekanntlich von der Schule vorbereitet werden sollen, nicht mehr recht kompatibel. Alles andere ist primär – Hans Krankl hat das in einem anderen Zusammenhang gesagt, aber er hat nicht geahnt, wie vielseitig anwendbar dieses inzwischen geflügelte Wort ist. Draußen im Leben, für das die jungen Leute fit gemacht werden sollen, in einer Welt, in der die Wirtschaft diktiert, ist Literatur total nebensächlich.

Und die Kunst – was soll denn das überhaupt sein? Kunst, ja Kunst, hat es im sogenannten Volksmund geheißen, als ich noch ein Kind war – kunntst mir net zehn Schilling borgen? Kunst war damals ein Synonym für die Existenzweise von Hungerleidern und Schnorrern. An dieser Einschätzung hat sich nicht viel geändert.

Klar, wenn sich jemand aus diesem dubiosen Bereich durch Glück und Geschick eine goldene Nase verdient, dann genießt er in der öffentlichen Meinung eine gewisse Akzeptanz. Der ist nämlich clever und weiß sich gut zu vermarkten, und das ist, unabhängig von dem, was er so in den Raum stellt oder an die Wand hängt, ein Talent, dem man, oft halb widerwillig und mit einem gewissen Neid, aber letzten Endes doch irgendwie entwaffnet, Anerkennung zollt. Oderwenn Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Rankings vorkommen, auf den Long- oder gar Shortlists zum Deutschen Buchpreis zum Beispiel, so nach dem Muster „Sieben Österreicher unter den ersten sechs“. Dann haben wir sogar die Chance, von einem Team der „Seitenblicke“ erwischt zu werden oder unsere Fotos in der „Kronen Zeitung“ vorzufinden. Aber sonst – also machen wir uns nichts vor! Literatur und Kunst gehören für die sogenannten normalen Menschen zu denOrchideenbereichen. Vor ein paar Jahren hat ein fescher Finanzminister, der wusste, worauf es in dieser unserer avancierten Wirklichkeit ankommt, eine Reihe von für ihn unverständlicherweise immer noch an der Uni unterrichteten Fächern als „Orchideenfächer“ bezeichnet. Stimmt schon, dieser stromlinienförmige junge Mann ist heute nicht mehr ganz so populär wie damals, aber was dieses Urteil betrifft, so dürfte ihm die vox populi nach wie vor recht geben.

Wozu etwas unterrichten, was man im praktischen Leben nicht braucht? Um wettbewerbsfähig zu sein, um auf die Überholspur zu kommen und dort zu bleiben. Warum Randexistenzen unterstützen, die sich noch an irgendwelche bisher von flotten Regulierern übersehene Wurzelstöcke klammern? Während der Mainstream in seinem begradigten Bett an ihnen vorbeifließt.

Machen wir uns und einander nichts vor, lieber Herr Bundespräsident, lieber Herr Minister, liebe Jury, liebe Preisträger und Preisträgerinnen, sehr geehrte und liebe Gäste! Leute, die so was treiben wie wir, die wir heute in diesem exklusiven Rahmen ausgezeichnet und geehrt werden, was uns natürlich freut, solche Leute sind, durch die Augen des Zeitgeists betrachtet, arme Narren. Was bringt es, was du da machst, was verdienst du denn so damit?, haben mich vor ein paar Jahren zwei damals 14- oder 15-Jährige gefragt. Und als ich ihnen eine realistische Antwort gegeben habe, da haben sie sehr gelacht.

„Die Kunst ist eine Tochter der Freyheit, und von der Nothwendigkeit der Geister, nicht von der Nothdurft der Materie will sie ihre Vorschrift empfangen. Jetzt aber herrscht das Bedürfniß, und beugt die gesunkene Menschheit unter ihr tyrannisches Joch. Der Nutzen ist das große Idol der Zeit, dem alle Kräfte frohnen und alle Talente huldigen sollen. Auf dieser groben Waage hat das geistige Verdienst der Kunst kein Gewicht, und, aller Aufmunterung beraubt, verschwindet sie vor dem lermenden Markt des Jahrhunderts.“

Das sage nicht ich, das schreibt Schiller im zweiten Brief „Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen“. Oh Gott, Schiller! Das ist doch genau einer von denen, mit denen man die armen Schüler und Schülerinnen von heute schon gar nicht mehr nerven soll. Dem Vernehmen nach beschweren sich Eltern über derlei Zumutungen. Die ästhetische Erziehung des Menschen. Sorgen hatten diese Typen.


Wieso fällt mir jetzt der Österreichische Rundfunk ein? Erst die Zentralmatura und jetzt der Rundfunk. Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Schon komisch, was in so einem anachronistischen Kopf zusammenkommt.

Aber da war doch was. Was war das bloß?Ach ja: Es war einmal ein Sender, der hieß Ö1. Dieses Märchen werden vielleicht schon bald die Opas und Omas ihren Enkelkindern erzählen. Ö1, liebe Kids. Ein Radiosender. Ein Kultursender, der in ganz Europa kaum seinesgleichen hatte.

Das war aber zu der Zeit, als das Radio noch ein eigenes Haus gehabt hat. Ja, stellt euch vor, so was hat es damals noch gegeben. Und in diesem Haus hatten viele Mitarbeiter des Radios eigene Räume. Das war aber eine Sorte Menschen von gestern odervon vorgestern; die bildeten sich echt ein, dass manzum Nachdenken über die Sendungen, die sie machten, Ruhe und Konzentration brauchte; sogar das ganz und gar obsolete Wort „Inspiration“ führten diese Traumtänzer und Traumtänzerinnen noch im Mund.

Nun hatten aber die Leute, die auf der Höhe der Zeit sein wollten, ganz andere Ideen. Wozu brauchen wir denn ein eigenes Haus fürs Radio?, fragten sie, das ist nicht zeitgemäß. Wir legen Radio und TV zusammen, wobei natürlich klar ist, dass das Fernsehen das wichtigere Medium ist. Denn, Hand aufs Herz, irgendwie fehlt den Menschen von heute ganz einfach etwas, wenn, ganz egal wo, kein Bildschirm da ist, auf dem von früh bis spät etwas zappelt.

Aber das nur nebenbei. Also, das Fernsehen, das ja schon seit Jahren auf dem Küniglberg thront, wird das Radio, das sein Leben bisher in dieser altmodischen Bude in der Argentinierstraße gefristet hat, künftighin beherbergen. Und natürlich wird dort oben alles megacool ausgebaut, koste es, was es wolle. Und das Haus in der Argentinierstraße wird verkauft, das ist ja wegen seiner, zugegeben sehr günstigen, Innenstadtnähe eine Gewinn versprechende Immobilie. Aber dort oben im rundum erneuerten ORF-Zentrum werdet ihr alle in Großraumbüros oder im multimedialen Newsroom sitzen, das wird doch schön, das wird doch fein, darauf könnt ihr euch doch wirklich freuen.

Aber, ob ihr es glaubt oder nicht, Kids, die Belegschaft des Senders Ö1 samt den vielen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieser Sender hatte, weil dort mitzuarbeiten interessant war, auch unter prekären Bedingungen, diese Spinnerinnen und Spinner freuten sich gar nicht so richtig. Ist es zu fassen? So ein undankbares Volk war das! Und sie richteten Botschaften an die Stiftungsräte und den Generaldirektor und dem Vernehmen nach sogar an Parlamentarier, denn der Österreichische Rundfunk, müsst ihr wissen, war eine Anstalt öffentlichen Rechts. „Den vorwiegend aus dem News-Bereich kommenden Planungs- und Entscheidungsträgern“, schrieben sie, „schwebt durch die räumliche und organisatorische Einbettung in einen Cluster ein Modell vor, das die Identität von Ö1 (und damit das Programm) schwächen und beschädigen würde.“

Nun weiß ich ja, ehrlich gesagt, nicht so recht, was ein Cluster sein soll, vermutlich wisst ihr, liebe Enkelinnen und Enkel, das besser. Mir gehen diese Wörter aus einer Robotersprache, in der von Entfaltung der Humanität, die einmal ein kulturelles Anliegen war, und vom Geist, der zu so etwas wie Erkenntnis führen sollte, keine Rede mehr ist, zunehmend auf den Geist. Doch ich stelle mit vor, so ein Cluster ist eine Art Abgrund oder ein schwarzes Loch. Und da besteht dann wohl die Gefahr, dass der Sender Ö1 einfach hineinfällt.

Und dann?, fragen die Kids. Was war dann? – Ja, was werden die Großeltern ihren Enkeln dann erzählen? – Dass der Sender Ö1 natürlich in diesen Abgrund, in dieses schwarze Loch, hineinfiel und nicht mehr gesehen beziehungsweise, da es sich ja um einen Radiosender handelte, nicht mehr gehört wurde? Oder gibt es auch einen alternativen Schluss? Vielleicht den, dass die Verantwortlichen, nachdem sie die Argumente der Ö1-Belegschaft geprüft hatten, einmal ausnahmsweise nicht dem Rat irgendwelcher Betriebsberater folgten, sondern sich ihrer Verantwortung besannen?

Etwa der Verantwortung für die Erfüllung des Kulturauftrags, den sie schon fast vergessen hatten? Ja, denkt euch nur, so was hat einmal existiert! Und wo, wenn nicht akkurat in einem Sender wie Ö1, wurde dieser Kulturauftrag in schöner Selbstverständlichkeit erfüllt? Also, das kam den Verantwortlichen jetzt, spät aber doch, immerhin noch zu Bewusstsein, etwas fiel ihnen, wie man so sagt, wie Schuppen von den Augen, ihre Ohren öffneten sich, und wenn der Sender Ö1 nichtgestorben ist, so lebt er noch heute, ja vielleicht sogar noch morgen. – Was lernen wir daraus? Man soll die Hoffnung nicht aufgeben. Es istdenkbar, dass sich Menschen, die etwas Wichtiges zu entscheiden haben, den Argumenten derer, die durch ihre Entscheidungen betroffen sind, nicht verschließen. Ja, ob ihr es glaubt oder nicht, liebe Kinder, es soll vorkommen, dass Wanderer, die sich im Eifer des Voranschreitens ein wenig verrannt haben, ein paar Schritte zurückgehen und die Wegrichtung korrigieren.

Nebenbei bemerkt, dürfte sich auch in Bezug auf die Zentralmatura und ihre befürchtete Rückwirkung auf den Unterricht in den Oberstufen noch einiges bewegen. Schließlich ist ja auch das noch eine Baustelle. Einem diesbezüglichen Artikel habe ich entnommen, dass – so ähnlich hat es dort geheißen – die zuständige Frau Ministersogar die Einwände der Schriftstellerinnen und Schriftsteller berücksichtigen will. Echt?, fragen die Kids. Ja, sage ich, gelt, da staunt ihr! Aber das ist, glaube ich, nur in einem Nebensatz gestanden, und womöglich hab ich da etwas hineingelesen.


Aber wo bin ich denn jetzt bloß hingeraten?Sind das nicht lauter Abschweifungen von der mir gestellten Aufgabe? Da hat man mich ersucht, eine Rede zur Verleihung der Österreichischen Kunstpreise zu halten, weil so etwas am ehesten der Job des Preisträgers für Literatur ist, meine Vorgänger Karl-Markus Gauß, Robert Menasse, Franz Schuh und wie sie alle heißen haben das ja auch geschafft. Und dann komme ich auf Sachen zu sprechen, die vielleicht gar nicht hierher gehören. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich, als Maturant von vorgestern, in der Schule ebennicht die entsprechende Kompetenz erworben habe. Und dass ich folglich nicht recht weiß, in welcher Textsorte ich gerade dilettiere. Das soll man nämlich, entnehme ichdem Textsortenkatolog desbifie, also des Bundesinstituts für Innovationund Erziehung, unbedingt wissen, bevor man zu schreiben beginnt. Es könnte sonst passieren, dass man statt Textsorte 9, Feierrede, die der Kategorie Meinungsrede verwandt ist (Definition: geplante mündliche Mitteilung an mehrere Personen), einen offenen Brief schreibt (Textsorte 4) oder einen Leserbrief (Textsorte 5) oder einen Kommentar (Textsorte 7) oder, Gott behüte, ein Gedicht.

Also zur Sache: Ein bisschen Feierrede soll schon sein. Natürlich freu ich mich,wenn ich einen Preis wie diesen bekomme und darf das wohl auch stellvertretend für die anderen hier und heute Geehrten artikulieren. Lieber Herr Bundespräsident, lieber Herr Minister, liebe Jury, wir freuen uns ja wirklich! Auch wenn die Preise, zu deren Erhalt sie im Rahmen dieses schönen Aktes uns so freundlich gratulieren, eigentlich schon wieder die Preise vom vergangenen Jahr sind: Kunstpreise 2014.

Wenn diese, wie soll ich es nennen, Verleihungsverzögerung kein Zufall ist, sondern vielleicht ein Konzept, können wir ihm sogar etwas abgewinnen: Ich meine, die an Kunst und Literatur interessierte Öffentlichkeit wird dadurch vielleicht noch an etwas erinnert, was sie im abgelaufenen Jahr gar nicht recht wahrgenommen hat. Uns hat man das mit der Ehre verbundene Geld immerhin schon im vergangenen Mai angewiesen. Was mich betrifft, heißt das zwar, dass es jetzt schon zur Hälfte oder schon etwas mehr als zur Hälfte weg ist, und ich nehme an, dass es sich bei einigen meiner Kolleginnen und Kollegen hier ähnlich verhält, aber das kommt davon, wenn man in fragwürdigen Verhältnissen lebt, die es einem nicht erlauben, so ein Preisgeld ganz einfach als etwas zum Drüberstreuen aufzufassen und irgendeiner sogenannten Anlage hinzuzufügen, sondern als etwas, das man sehr gut brauchen kann oder sogar notwendig braucht, um weiterzumachen.

Und wir werden weitermachen, solang wir können. Und diese Preise als Ermutigung auffassen. Auch wenn die Verhältnisse rundherum nicht immer ermutigend sind. Wir werden weitermachen, darauf können Sie sich verlassen.

Also Courage, ihr unbeugsamen Lehrerinnen und Lehrer! Und Courage, liebe trotz allem an Literatur interessierte Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten! Courage, ihr tapferen Rundfunkmitarbeiterinnen und Rundfunkmitarbeiter! Und Courage, ihr unentwegten Hörerinnen und Hörer! Courage, liebe Buchhändlerinnen und Buchhändler, die ihr euch nicht unterkriegen lassen wollt! Courage, ihr unverbesserlichen Leserinnen und Leser! Courage, ihr alle, die ihr kreativ und kritisch seid. Courage, ja, gewiss, auch Courage, ihr Politikerinnen und Politiker guten Willens!

Ihr alle, die ihr noch ein Gespür für das habt, worum es hier geht! Lasst euch, lassen wir uns nicht entmutigen, wir haben eine sehr wichtige Aufgabe! Nämlich nicht aufzugeben, sondern weiterzuarbeiten. Wenn nötig (und dann erst recht) gegen den Ungeist der Zeit. ■


Der Text gibt die Rede wieder, die Peter Henisch dieses Woche anlässlich der Verleihung der Österreichischen Kunstpreise hielt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2015)

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