Aufstieg durch Untergang

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Naturkatastrophen sind nicht das Ungewöhnliche an sich, sie bestimmen überall im Universum den zeitlichen Ablauf. Für die Existenz des Menschen auf der Erde sind sie sogar unabdingbare Voraussetzung.

Ueber Jahrtausende hinweg war das nächtliche Bild des Sternenhimmels der Beweis für die Unveränderlichkeit des Weltalls. Leben und Tod, Entwicklung und Veränderung schien es nur auf der Erde zu geben, während Sonne, Mond und Sterne immer die Gleichen bleiben. Dass Pflanzen und Tiere sich verändern, wusste man zumindest seit Lamarck und Darwin; dass Kontinente zerreißen, sich neu gruppieren und Gebirge sich auffalten, vermutete man ebenfalls schon früher. Aber die Vorstellung, dass auch alle Sterne einmal entstanden sind und eines Tages wieder verlöschen, ja dass das gesamte Universum einem Prozess ständiger Veränderung unterliegt, war zumindest als wissenschaftliche Theorie bis zu unseren Zeiten unbekannt.

Das Paradebeispiel für das statische Weltbild liefert die antike Astronomie. Grundlage war das Zwei-Sphären-Modell: Fixsternhimmel und Erdkugel. Die Erde ist unbeweglich und damit auch der Beobachter. Die Fixsternsphäre dreht sich in gleichmäßiger Bewegung um die Himmelsachse, die durch den Polarstern hindurchgeht. Wie aber verhält es sich mit jenen Himmelskörpern, die zwischen Erde und Fixsternhimmel in unregelmäßigen Bewegungen umherirren und die man deshalb „Planeten“ genannt hat? Die Antwort darauf ist charakteristisch für die statische Weltbetrachtung: Mit einer Akribie ohnegleichen werden alle Unregelmäßigkeiten der Bahnform und Bahngeschwindigkeiten auf einfache konstante Kreisbewegungen zurückgeführt, die letztlich einen statischen Charakter haben. Denn eine kreisförmige Bewegung, die mit konstanter Geschwindigkeit in sich zurückkehrt, ist letztlich gar keine Bewegung.

Ein seit Aristoteles immer mit der Meteorologie gemeinsam behandeltes Phänomen, das einen echten und nicht weg zu erklärenden Einbruch in das statische Weltbild bedeutet, ist das unvorhersehbare und plötzlich mit vernichtender Gewalt auftretende Phänomen der Erdbeben. Die Geschichte der Erdbebentheorien von Aristoteles bis Kant zeigt das verzweifelte Bemühen, dieses dynamische Phänomen, das sozusagen den wunden Punkt am irdischen Ruheplatz des Beobachters darstellt, unter den Hut der mechanischen Grundlagendisziplin zu bringen.

So einleuchtend dieses Forschungsprogramm über Jahrhunderte hinweg erschienen ist, war man sich doch mehr und mehr darüber im Klaren, dass das eigentliche Rätsel der Erdbeben, ihre unvorhersehbare Heftigkeit und Ausbreitungsgeschwindigkeit, unerklärt geblieben ist. Nach vielen missglückten Versuchen erkannte man schließlich, dass die Ursachen solcher Katastrophen tiefer, das heißt im Erdinneren, liegen – und dass sie historisch-dynamisch begründet sind, auf der Entwicklungsgeschichte der Erde beruhen.

Bereits zu dieser Zeit war man sich auch bewusst, dass solche Erdbebenkatastrophen nicht nur unabwendbar, sondern sogar für die Existenz des Menschen auf der Erde notwendig sind. Nach der Theorie des englischen Geologen Charles Lyell (1797 bis 1875) würde ohne die hebende und senkende Kraft der Erdbeben die Erdoberfläche unbewohnbar werden. Denn durch die einebnende Wirkung der Niederschläge und fließender Gewässer würden die Festländer und Inseln ständig abgebaut werden. Erdbeben haben daher nach Lyells Vorstellungen die Funktion, die Bewohnbarkeit der Erde zu sichern. Daher sind die Erdbeben, obwohl so oft die Quelle des Todes und des Schreckens der Bewohner der Erde, für die Stabilität des Systems sehr wesentlich.

Schon der Anfang des Universums war die größte aller Katastrophen. „Big Bang“, den „großen Knall“, nannte sie der amerikanische Physiker russischer Herkunft George Gamov (1904 bis 1968). Der Anlass zu dieser Vermutung liegt weit zurück. Schon im 19.Jahrhundert konnte der englische Astronom William Huggins eine allmähliche Entfernungszunahme des Sirius nachweisen. Eine solche wachsende Entfernung wurde mittlerweile einheitlich für alle Galaxien nachgewiesen. Daraus lässt sich eine allgemeine Fluchtbewegung aller Galaxien herauslesen, die eine Expansion des gesamten Universums bedeutet und nur die Folge einer Urexplosion eines „kosmischen Eies“ sein kann.

So unangenehm die Vorstellung ist, dass wir auch heute noch auf den Splittern eines explodierenden kosmischen Eies sitzen, so wenig betrifft uns diese Situation wirklich. Denn die räumlichen und zeitlichen Dimensionen dieser Vorgänge sind ungeheuer groß, so dass sie für uns jede Bedeutung verlieren. Das Gleiche gilt für die zukünftige Entwicklung des Universums, bei der es theoretisch zwei Möglichkeiten gibt: entweder grenzenlose Expansion oder Gravitationskollaps.

Eine Entscheidung darüber hängt von dem Verhältnis gegenseitiger Anziehungskraft und Geschwindigkeit der Galaxien ab. Ist die universelle Gravitation entsprechend groß, dass sie die Geschwindigkeit der sich voneinander entfernenden Galaxien abbremsen und zum Stillstand bringen kann, dann werden die Galaxien wieder aufeinander zuzustürzen beginnen, wie ein Ball, den man hochwirft, infolge seiner Schwere auf die Erde zurückfällt.

Die Expansionsgeschwindigkeit der Galaxien ist zwar bekannt. Sie lässt sich auch genau messen. Aber wir wissen nicht, ob diese Geschwindigkeit ausreicht, um der gegenseitigen Massenanziehung der Galaxien untereinander für immer zu entfliehen. Das hängt von der Masse und Verteilung der Galaxien im Weltraum ab. Für die Berechnung der sogenannten „Fluchtgeschwindigkeit“, der Mindestgeschwindigkeit, die für die Überwindung der gegenseitigen Massenanziehung ausreicht, genügt es aber, die mittlere Dichte der gesamten Materie des Weltalls zu kennen. Denn je höher diese mittlere Dichte ist, desto größer muss diese Fluchtgeschwindigkeit sein. Nach den bisherigen Beobachtungen und Schätzungen scheint es eher so zu sein, dass wir in einem „offenen“, ewig weiter expandierenden Universum leben. Allerdings ist man in jüngster Zeit auch auf Spuren extragalaktischer Materie gestoßen, deren Massen viel größer zu sein scheinen als die Galaxienhaufen selbst, die sie umgeben. Das macht wieder die Vorstellung von einem kollabierenden Universum wahrscheinlicher. In diesem Fall wäre die zukünftige Entwicklung des Universums wesentlich dramatischer, und das Ende würde eine Katastrophe von ungeheurem Ausmaß sein. Sie entspräche dann sehr genau den religiösen Weltuntergangsmythen, die kulturinvariant in der Geschichte der Menschheit immer wieder aufgetaucht sind, in denen die Rede vom Herabstürzen der Sterne auf die Erde und von dem großen, alles vernichtenden Feuer ist.

So ungemütlich diese Hölle am Ende der Welt auch sein mag, sie ist nicht schlimmer als die Vorstellung von einem ständig weiter expandierenden Universum. Denn das expandierende Universum wird früher oder später vom Wärmetod, der eigentlich besser Kältetod heißen müsste, eingeholt.

Die universalen Katastrophen aus den Tiefen des Weltraums allerdings sind für uns gänzlich bedeutungslos. Wir sind vor ihnen sowohl durch unsere winzige Größe als auch vor allem durch unsere Vergänglichkeit absolut geschützt. Denn wir stellen nur winzige Bruchteile eines Pulsschlages im Leben des zyklisch abnehmenden oder sich ewig ausdehnenden Universums dar. Aus diesem Grund sind wir auch vor Eindringlingen in unsere Welt des Sonnensystems, das wir früher überhaupt als das Universum angesehen haben, gesichert.

Man kann also seine Fantasie auf die Verhältnisse unseres Sonnensystems beschränken. Hier werden die Katastrophen überschaubarer und realistischer. Sie hängen zunächst einmal vom Leben und Tod der Sonne selbst ab. Mit solchen Veränderungen müssen wir nach unseren heutigen Kenntnissen rechnen. Denn wir können sie an den anderen Sternen ablesen. Jeder Stern macht eine Entwicklung durch. Er bleibt nicht immer im selben Zustand, weil er einem Ofen gleicht, dessen innere Hitze und Gasdruck ihn vor dem Zusammenbruch retten. Die Sonne ist wie alle Sterne zunächst ein Wasserstoffbrenner, der sich ziemlich stabil erhält, möglicherweise bis zu 13 Milliarden Jahre. Sie erkaltet jedoch nicht einfach, sondern heizt sich zunächst einmal selbst so auf, dass sie sich zu einem „Roten Riesen“ bläht, das heißt, rötlich leuchtet, im Unterschied zur ihrer weißlich leuchtenden Jugendzeit, weil die Temperatur des Sternengases in den Außenbezirken bei dieser Oberflächengröße viel rapider abnimmt.

Zumindest in den letzten Milliarden Jahren ihrer Roter-Riese-Phase, während der die Sonne ihren größten Durchmesser erreicht, wird das Leben auf der Erde vernichtet, und schließlich wird die Erde selbst in der Endphase, während der die rote Riesensonne ungefähr hundertmal größer geworden ist, entweder von dieser geschluckt wie die inneren Planeten Merkur und Venus, oder sie verdampft in der Nähe der Riesensonne. Immerhin bleiben aber für die Existenz der Menschheit auf der Erde noch insgesamt sieben Milliarden Jahre übrig. Das ist zwar eine verschwindend kleine Zeit im Verhältnis zur Lebensgeschichte des ganzen Universums, die auf mehrere 100 Milliarden Jahre geschätzt wird. Aber eine ungeheuer lange Zeit für die Menschheit, die nicht einmal eine Million Jahre alt ist.

Doch vielleicht kann man auch die Katastrophe des Sonnentodes vergessen, weil es Ereignisse gibt, die schon längst vor Eintritt dieser Katastrophe das Leben auf der Erde total vernichten. Derartige Katastrophen, wie Überschwemmungen, Erdbeben, Vulkanausbrüche und ähnliche Naturereignisse, sind seit Anbeginn der Menschheit beschrieben worden. Besonders die Sintflutsagen sind in fast allen Kulturkreisen bekannt. Auch in der wissenschaftlichen Literatur stehen die Flutkatastrophen an erster Stelle. Lange Zeit stritten sich zwar die Geologen des 18. und 19. Jahrhunderts um den Vorrang jener Katastrophen, die das Antlitz der Erde geprägt haben sollen. Die Vulkanisten waren für das Feuer aus dem Inneren der Erde, die Neptunisten waren für das Wasser.

Georges Cuvier (1769 bis 1832) baute seine Katastrophentheorie sowohl auf der Vorstellung von verheerenden Flutkatastrophen als auch auf der Möglichkeit von umfassenden geologischen Veränderungen auf, bei denen der Meeresboden plötzlich gehoben wird. Diese Art der Katastrophentheorie, die auf die Existenz meist unerklärbarer gewaltiger und plötzlich wirkender Kräfte gegründet war, ist zwar seit Lyells Kritik verschwunden. Trotzdem gibt es nach unserem gegenwärtigen Wissen von unserem Heimatplaneten Erde noch genug bedrohliche Unsicherheiten.

Sie erfreuen sich in der noch immer bestehenden Katastrophenliteratur größter Beliebtheit, in der jede neue Erkenntnis über mögliche geologisch klimatische Veränderungen zu wüsten Prophezeiungen für die unmittelbare Zukunft ausgeschlachtet wird. Die Abbremsung der Erdrotation durch den Mond, die Präzessionsbewegung der Erde, die schwankende Achsenneigung der Erde, die Perihelbewegung der Erde, all diese Veränderungen machen unsere Wohnstätte zu einem schwankenden Schiff, auf dem es ständig entweder zu heiß oder zu kalt ist und das außerdem noch durch einen Schwarm von Meteoriten und kosmischen Staub segelt, abgesehen von der Gefahr der Zusammenstöße mit Kometen. Betrachtet man aber all diese Bewegungen und Lageveränderungen mit dem Zeitmaß des Menschen, dann handelt es sich schon bei den schnellsten dieser Bewegungen, etwa der Perihelbewegung, um einen Zyklus von mehr als 20.000 Jahren. Die Achsenneigung der Erde, die zwischen 22 und 24,5 Grad schwankt, braucht für einen Schwankungszyklus sogar mehr als 40.000 Jahre. Für den Menschen bedeuten daher solche Katastrophen, die für ihn in extremem Zeitlupentempo ablaufen, keine echte Gefahr oder gar ein unentrinnbares Verhängnis.

Die Bedrohung liegt woanders. Sie kommt aus der unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Umgebung und lässt sich nicht vermeiden, weil sie auf den natürlichen Ursachen beruht, auf denen sowohl die Entwicklung unserer Erde als auch die des Lebens gründet. Während man in vergangenen Zeiten von einer schrittweisen kontinuierlichen Entwicklung der Lebewesen ausging, hat man heute erkannt, dass die Evolution – so Chemie-Nobelpreisträger Manfred Eigen – eine „unumkehrbare Abfolge von Katastrophen“ ist, denen der Mensch seine Entstehung verdankt.

Dass die Erde, die ökologische Nische des Menschen, von einmaligen großen Katastrophen heimgesucht worden ist, die auch extraterrestrische Ursachen hatten, muss wohl nach den heutigen Erkenntnissen angenommen werden. Ohne eine solche Katastrophe wären wir nicht auf dieser Welt. Denn unsere Erde war schon vor uns von einer ungeheuren Vielfalt von Lebewesen besetzt, unter denen die Evolution des Menschen und die der Säugetiere überhaupt niemals hätte stattfinden können. Nur eine große Katastrophe konnte die besetzten ökologischen Nischen freimachen.

Eine solche kreative Zerstörung war der Untergang der Dinosaurier. Sie fand am Ende der Kreidezeit statt. In dieser Periode verschwand die gesamte Welt der großen Reptilien. Bereits Cuvier machte dafür seine periodisch wiederkehrenden Katastrophen verantwortlich, die unter anderem auch den Untergang der Mammute am Ende der Eiszeit erklären sollten. Über die Art der Katastrophe, der die Dinosaurier mit ihren intelligenten Vertretern zum Opfer gefallen sind, ist man sich zwar noch nicht im Klaren. Sie muss jedoch kosmische Dimensionen gehabt haben. Denn die Vorschläge der klassischen Katastrophentheorie, Vulkanausbrüche und Veränderungen des Meeresspiegels, reichen nicht für dieses Massensterben aus.

Hinweise auf ein extraterrestrisches Ereignis findet man vor allem in dem hohen Iridiumgehalt jener Schichten, die das Ende der Kreidezeit markieren. Iridium ist ein Element, das in den Gesteinen der Erdkruste nur selten vorkommt. Das konzentrierte Vorkommen dieses Elements an verschiedenen Orten in den gleichen Ablagerungsschichten lässt den Schluss zu, dass plötzlich etwa 500 Milliarden Tonnen außerirdisches Material auf der Oberfläche abgelagert wurden. Woher auch immer dieses Material kam, aus den Tiefen des Weltraumes aufgrund einer Supernova, also eines explodierenden Sternes, oder von einem Meteoriten oder Kometen aus unserem Sonnensystem, die Auswirkungen müssen verheerend gewesen sein. So unsicher die Schätzungen auch sein mögen, fest steht, dass bis zu 75 Prozent der vorher existierenden Pflanzen und Tierarten verschwanden. Es überlebten zwar die meisten größeren Familien der marinen Tiere, aber sie verloren viele Gattungen und Arten. So starben fast alle Arten der ehemals vorhandenen Foraminiferen aus, das sind schalentragende Einzeller, die früher in Massen im Plankton vorkamen. Ebenso ging es verschiedenen Weichtieren, etwa den Kopffüßern, die wie die Ammoniten mit ihren aus gasgefüllten Kammern bestehenden Muscheln auf der Meeresoberfläche trieben. Unter den Landtieren überlebte keines, das schwerer als 25 Kilogramm war.

Ob nun der Untergang der Welt der Dinosaurier schlagartig, was für die Supernova-Hypothese sprechen würde, oder schubweise geschah, was für andere extreme kurzzeitige Belastungen der Biosphäre sprechen würde – die Vernichtung war jedenfalls rasch und vollständig. Sie machte unzählige ökologische Nischen frei, in denen sich nun eine ganz andere Lebenswelt entwickeln konnte, die zur Entstehung des Menschen führte.

Welche Katastrophe es auch immer war, exogener oder endogener Art oder beide zusammen, sie zeigt die Vergänglichkeit der Arten und Gattungen der Lebewesen, die meist auch mit einem Gigantismus und einer Überspezialisierung einhergeht. Der Gigantismus des Menschen liegt jedoch nicht in seiner Körpergröße, sondern in der verhältnismäßig zu seinem Körper überdimensionalen Hirngröße, die durch ein in der Evolution der Lebewesen einmaliges, explosionsartiges Wachstum zustande kam. Doch ist das Hirnwachstum selbst nicht die eigentliche Katastrophe der Naturgeschichte. Es liefert nur die organische Grundlage für jenen großen Urknall des inneren Universums des menschlichen Bewusstseins, mit dem nicht nur die Richtung der genetisch organischen Evolution geändert, sondern eine neue, bisher gänzlich unbekannte Ebene erreicht wurde.

Auf dieser Ebene kehrt sich auch die Richtung der Verursachung um, die bisher nur von „unten“ nach „oben“, jetzt aber auch von „oben“ nach „unten“ laufen kann. Das bedeutet, dass das menschliche Bewusstsein als Produkt der genetisch organischen Evolution die Natur selbst in katastrophaler und nicht mehr rückgängig zu machender Weise zu verändern beginnt.

Die nächstliegenden und somit bedrohlichsten Katastrophen sind vom Menschen selbst hervorgerufen. Aber der Mensch ist seinerseits ein Teil der Natur, und alles, was er anrichtet, ist auch nichts anderes als eine Naturkatastrophe besonderer Art. Der einzige Unterschied ist, dass die von ihm hervorgerufenen Katastrophen vermeidbar sind, wenn er selbst genug Verstand besitzt. Gegenüber den kosmischen Katastrophen scheinen sie, auch wenn sie zum Untergang der Menschheit führen, bedeutungslos zu sein. Allerdings kann man diese verobjektivierende und letztlich inhumane Argumentation durch die Einsicht umdrehen, dass es für das menschliche Bewusstsein völlig bedeutungslos ist, wie lange noch das Weltall besteht, wenn es selbst schon längst erloschen ist. Das Universum hätte damit jedenfalls die Dimension der Selbstreflexion verloren, falls man nicht die Existenz anderer vernünftiger Lebewesen im Weltall annehmen will.

So gesehen ist die Erdgeschichte, die Evolution des Lebendigen ein einziges Drama, eine Katastrophengeschichte, die sich wahrscheinlich dem Vorstellungsvermögen der meisten Menschen entzieht. Heutzutage hat man aber erkannt, dass in der realen Welt Komplexität und als deren wesentliches Strukturmerkmal Zeit und Veränderung herrschen.

Naturkatastrophen sind daher in einem dynamischen Weltbild, wie es uns die Erkenntnisse der Naturwissenschaften nahe legen, nicht das Ungewöhnliche, sondern bestimmen überall den zeitlichen Ablauf im Universum. Den bedrohlichen Charakter haben Naturkatastrophen nur für Lebewesen und vor allem für den Menschen, der darüber reflektieren kann. ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2009)

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