Guten Abend, gute Nacht

Damals, Wahlabend 23. November 1986. Vranitzky im Dreiteiler, Mock im Schock, Haider in Entstehung.
Damals, Wahlabend 23. November 1986. Vranitzky im Dreiteiler, Mock im Schock, Haider in Entstehung. (c) APA (JAEGER ROBERT)
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Nach dem Wahltag kommt die Wahlnacht. Mit ihr beginnt der Poker um die Macht. Nicht immer ist der Wahlsieger in der neuen Regierung vertreten. Erinnerungen eines Medienmannes an historische Wahlabende und österreichische Koalitionen.

Die letzten Veranstaltungen der Parteien sind vorbei, der Wahlkampf ist geschlagen. Man kann es auch so sehen wie Otto von Bismarck: „Nie wird so viel gelogen wie nach einer Jagd, im Krieg und vor Wahlen.“ Für Vicco von Bülow alias Loriot ist „der beste Platz für den Politiker das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen.“ Und „Wahltag ist Zahltag“, heißt es im Volksmund. Der Wähler gibt seine Stimme ab und ist anschließend sprachlos. Dann beginnt das politische Spiel um dieVerteilung der Macht für die nächsten fünf Jahre. Nicht immer ist der Wahlsieger in der neuen Regierung vertreten. Gewinner ist letztlich derjenige, der für seine Partei in denKoalitionsverhandlungen das meiste durchsetzen kann, wie ein Blick in die österreichische Vergangenheit zeigt.

Die erste Nationalratswahl der Zweiten Republik fand am 25. November 1945 statt und bescherte der ÖVP unter Leopold Figl eine absolute Mandatsmehrheit. Auf dem zweiten Platz landete die SPÖ unter Karl Renner.Bei allen Nationalratswahlen seither belegten diese beiden Parteien die erstenbeiden Plätze, was heuer keineswegs sicher ist. EineAusnahme war nur die Wahl 1999, als die Freiheitlichen gleichauf mit der ÖVP hinsichtlich der Mandate hinter den Sozialdemokraten landeten, aber bei den Stimmen mit einem minimalen Überhang Rang zwei eroberten. Der klare Wahlsieger SPÖ mit Bundeskanzler Viktor Klima bekam mit 65 Mandaten um 13 mehr als ÖVP und FPÖ. Und dennoch war dieser Sieger letztlich der große Verlierer der Regierungsverhandlungen, denn Wolfgang Schüssel von der drittplatzierten Volkspartei ließ sich von der auf Rang zwei liegenden FPÖ des Jörg Haider zum Kanzler einer Kleinen Koalition küren. Und das, obwohl er vor der Wahl für den Fall eines Abrutschens der ÖVP auf Platz drei den Gang in die Opposition angekündigt hatte. Diese schwarz-blaue Koalition entsprach zwar ganz und gar nicht den Intentionen des aus den Reihen der ÖVP kommenden Bundespräsidenten Thomas Klestil. Und die Europäische Union verhängte ob der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen Freiheitlichen Sanktionen gegen Österreich. Ungeachtet der Proteste im In- und Ausland, war das Zustandekommen dieser Koalition verfassungskonform: Wer über eine parlamentarische Mehrheit verfügt, kann regieren.

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