Wo, bitte, geht's zur Baukultur?

Jedem Kuhdorf sein Gewerbegebiet, jedem Bürger sein Einfamilienhaus mit Garten– das gilt dem Gros hiesiger Bürgermeister immer noch als oberste Maxime der Ortsentwicklung. Und wie steht es um Alternativen? Nachrichten aus dem neuen Baukulturreport.

Raumplanung ist Politik“, lautete kürzlich die Conclusio eines Symposiums in St. Pölten zur Frage, warum planungspolitische Entscheidungen so oft und so krass fachlichen Empfehlungen widersprechen. Raumplanung werde hierzulande eben nicht als eigenständige Materie angesehen, so das ernüchternde Fazit erfahrener Planer aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung, sondern diene als Instrument zur Durchsetzung politischer Interessen. Wofür die österreichische Kulturlandschaft flächendeckend den Beweis antritt, in allen neun Bundesländern, in den meisten der 2357 Städte und Gemeinden – und das nicht nur dem visuellen Anschein nach.

Indikatoren wie der Verbrauch an Siedlungsfläche, der sich je nach Berechnung zwischen 17 und 24 Hektar – pro Tag! – und somit beim Zehnfachen des bundespolitischen Zielwerts bewegt, Maßzahlen wie der immer noch steigende Motorisierungsgrad von derzeit 512 PKW pro 1000 Einwohner – ein Spitzenwert innerhalb der EU – oder auch das ungebrochene Wachstum an Einzelhandelsflächen in Randlagen, das viele Orts- und Stadtzentren an den Rand des Aussterbens gebracht hat, belegen, dass den im Baukulturreport 2006 konstatierten, aber schon vor mehr als 20 Jahren als Fehlentwicklungen erkannten Tendenzen bis dato nichts oder viel zu wenig entgegengesetzt wurde, sprich: dass die Siedlungs- und Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte in hohem Maß verantwortungslos war und ist. Die Verantwortungslosigkeit beginnt bei der Bundespolitik, die die Raumordnung an die Länder delegiert, aber keine nennenswerte Koordinationsaufgaben übernimmt – geschweige denn verbindliche Entwicklungsziele definiert, wie das in allen ernst zu nehmenden Planungskulturen Europas der Fall ist. Gleichwohl bestimmt der Bund mit seiner Verkehrs- und Infrastrukturpolitik, mit seiner Umwelt- und Energiepolitik und nicht zuletzt mit seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik faktisch wie kein anderer die räumliche Struktur Österreichs, freilich ohne seine sektoralen Politiken aufeinander abzustimmen oder gar an raumplanerische Ziele zu koppeln.

Die Verantwortungslosigkeit setzt sich auf Ebene der Bundesländer fort, wo mit wenigen Ausnahmen eine ganzheitliche Regionalplanung mit klaren Vorgaben für die Ortsplanung als ungebührlicher Eingriff in kommunalpolitische Agenden angesehen wird. Was nicht verwundert, sind die gesetzgebenden Organe der Raumordnung, namentlich die Landtage, doch nichts anderes als eine Vollversammlung der einflussreichsten Bürgermeister eines Landes, die naturgemäß wenig Interesse daran haben, der Kirchturmpolitik der Städte und Gemeinden einen Riegel vorzuschieben. Womit wir bei der Verantwortungslosigkeit auf kommunaler Ebene wären: Jedem Marktflecken sein Fachmarktzentrum, jedem Kuhdorf sein Gewerbegebiet und jedem Bürger sein Einfamilienhaus mit Garten – das gilt dem Gros der Bürgermeister immer noch als Maxime der Ortsentwicklung.

Dies ist nicht nur im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung, sondern – gerade in Zeiten leerer Kassen – auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht unverantwortlich. Denn viele von Raumplanern beklagte Entwicklungen werden erst durch teures Geld respektive durch seine unreflektierte Verteilung ausgelöst: Sei es der Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, der einen oft ruinösen Wettbewerb unter den Gebietskörperschaften, vor allem zwischen Städten und ihren Umlandgemeinden mitverursacht, seien es die Bedarfszuweisungen zur Finanzierung von Gemeindevorhaben, die nach dem Gießkannenprinzip anstatt nach Qualitätskriterien für kommunale Projekte gewährt werden – genauso wie die Wohnbau- und Wirtschaftsförderungen oder die Pendlerpauschale, die vielfach kontraproduktive Steuerungswirkungen auf die Siedlungsstruktur entfalten. Sprich: Im geförderten Einfamilienhaus im Grünen zu wohnen und mit ein, zwei PKWs subventioniert in die ebenfalls geförderten Businessparks am Autobahnknoten arbeiten zu fahren, das könnten sich viele ohne öffentliche Zuschüsse gar nicht leisten.

Dazu kommt das Fehlen des Verursacherprinzips beziehungsweise von Kostenwahrheit und Kosteneffizienz im Umgang mit öffentlichen Geldern, was zu einer ungerechten Umverteilung der Kosten der Siedlungsentwicklung führt. So zahlen die Bewohner im Ortszentrum die Erschließungskosten von Bewohnern auf der grünen Wiese ebenso mit, wie rad- oder straßenbahnfahrende Städter die Autobahnen und Schnellstraßen für die Pendler aus dem Speckgürtel mitfinanzieren. Das bedeutet nicht weniger als eine Belohnung des verschwenderischen Verbrauchs knapper finanzieller, vor allem aber beschränkter natürlicher Ressourcen.

Dass dem so ist, scheint wie so vieles in Österreichs politischer Kultur und seiner gesellschaftlichen Verfasstheit zu wurzeln. Seitens vieler Bürgerinnen und Bürger besteht ein nicht zu rechtfertigendes Anspruchsdenken, wonach sie als Grundeigentümer, Häuslbauer, Autofahrer, Konsumenten oder Unternehmer die Erfüllung ihrer individuellen Standort- und Mobilitätsbedürfnisse als legitimes Recht betrachten – ungeachtet der Folgen für die Allgemeinheit. Dem Großteil der politischen Entscheidungsträger wiederum ist eine nicht nachvollziehbare Mutlosigkeit in Bezug auf nötige Veränderungen sowie eine kaum mehr zu unterbietende Kurzsichtigkeit im Denken und Planen zu attestieren – mit fatalen Auswirkungen auf den Raum.

Umso erstaunlicher sind die – im aktuellen Baukulturreport versammelten – zukunftsweisenden Ansätze quer durch Österreich, die nicht nur zeigen, wie es anders gehen könnte, sondern auch vor Augen führen, dass eine nachhaltige Entwicklung dem politischen Erfolg keinesfalls im Wege steht. Bestes Beispiel dafür ist der Bürgermeister der Vorarlberger Gemeinde Zwischenwasser, der seit 32 Jahren im Amt ist, obwohl er seine Wählerschaft regelmäßig mit alles andere als populären Maßnahmen konfrontiert. So setzte er seit den 1980er-Jahren, ohne jede Entschädigung der Grundeigentümer, Rückwidmungen von in Summe 20 Hektar Bauland und Bauerwartungsland in Grünland durch, da diese Standorte weit abgelegen waren und ihre Erschließung mit unverantwortlich hohen öffentlichen Kosten verbunden gewesen wäre – ein österreichweites Problem, dem nur wenige Kommunalpolitiker auf diese Weise begegnen. Nicht selten übersteigen die gewidmeten Baulandreserven heimischer Gemeinden ihren langfristigen Baulandbedarf um mehr als 30 Prozent, was als Hauptursache für die Zersiedlung unserer Landschaft anzusehen ist.

Sein Engagement für eine kompakte und finanzierbare Siedlungsentwicklung musste der Bürgermeister aber nicht nur innerhalb seiner Gemeinde verteidigen, sondern nach jeweiligen Klagen des Landesvolksanwalts auch vor dem Verfassungsgerichtshof – der alle Rückwidmungen für rechtmäßig befand. Heute gilt Zwischenwasser als europäische Best Practice, die neben einer nachhaltigen Raumordnungspolitik auch in Sachen Architektur und Baukultur, Soziales, umweltfreundlicher Mobilität oder regionaler Kooperation Vorbildcharakter besitzt.

Das obersteirische Eisenerz praktiziert einen ebenso mutigen wie modellhaften Umgang mit einem ganz anderen Problem – nämlich dem Schrumpfen von Städten und Gemeinden in strukturschwachen, peripheren Regionen. Durch den Zusammenbruch der europäischen Stahlindustrie verlor die ehemalige Bergwerksstadt seit den 1950er-Jahren 8000 ihrer einst 13.000 Einwohner und wird sich langfristig bei rund 4000 Einwohnern einpendeln. Für die Kommune wurde es zu einer zunehmenden Belastung, die technische und soziale Infrastruktur aufrecht zu erhalten, die auf die doppelte bis dreifache Bevölkerungszahl ausgelegt war. Und die Wohnungsgenossenschaften verzeichneten einen Leerstand von zuletzt rund 700 Wohnungen sowie sinkende Mieteinnahmen, was wiederum die Erhaltung und Erneuerung der Bauten erschwerte.

Seit 2003 arbeiten das Rathaus und alle in Eisenerz vertretenen Wohnbauträger am konzertierten Rückbau der Stadt, mit dem Ziel, die Bewohner aus entlegenen und – etwa durch mangelnde Sonneneinstrahlung – benachteiligten Stadtteilen sowie aus schlechter ausgestatteten Wohnbauten abzusiedeln und in besseren Lagen zu konzentrieren. Dies ermöglicht die Stärkung der Altstadt und zentrumsnaher Siedlungsgebiete, den effizienten Einsatz von Finanzmitteln für die Wohnhaussanierung sowie den Abbruch und die Stilllegung teurer, überflüssig gewordener Strukturen.

Der unabwendbaren Tatsache ins Auge zu sehen, dass nicht alle Dörfer und Siedlungssplitter auf Dauer zu erhalten sein werden, ist freilich die Ausnahme vom politischen Regelfall. Niederösterreich etwa gewährt seit Kurzem in den 100 am stärksten von Abwanderung betroffenen Gemeinden eine erhöhte Wohnbauförderung – und hält damit die Bautätigkeit an den strukturschwächsten Standorten des Landes künstlich am Leben. Anstatt an einer geordneten Redimensionierung der betroffenen Siedlungsräume zu arbeiten, prolongiert die Politik ein sich zunehmend verteuerndes Problem auf Jahrzehnte hinaus.

Lienz in Osttirol hatte bis vor wenigen Jahren mit den typischen Problemen so gut wie aller österreichischer Klein- und Mittelstädte – von Horn über Vöcklabruck bis Wörgl – zu kämpfen: Die Umsätze in der Innenstadt gingen sukzessive zurück, immer mehr Handels- und Gastronomiebetriebe schlossen und infolge des zunehmenden Geschäftsleerstands drohte das Zentrum zu veröden. Doch steuerte die Bezirkshauptstadt rechtzeitig und konsequent dagegen. Alle relevanten Akteure der oberen Altstadt wurden in einen dreijährigen Prozess einer umfassenden kooperativen Quartiersentwicklung einbezogen: 51 Handels- und Gewerbetreibende, 34 Dienstleister, 43 Hauseigentümer sowie 115 weitere Bewohner, Politik und Verwaltung, insbesondere die Stadtplanung und das Stadtmarketing – das die Funktion eines „Centermanagements“ für die obere Altstadt übernahm und damit bis heute für die nötige Professionalität der Zusammenarbeit sowie die kontinuierliche Fortführung des Entwicklungsprozesses sorgt.

Die ab 2004 realisierten Maßnahmen umfassten einheitliche Kernöffnungszeiten, ein gemeinsames Marketingbudget sowie – einem architektonischen Gesamtkonzept folgend – den Umbau der Hauptstraße zu einer Fußgängerzone, die Neugestaltung des Hauptplatzes, generell die Bevorrangung von Fußgängern und Radfahrern (auch auf Kosten von Parkplätzen), Pflasterungen, Begrünungen sowie die Erneuerung der Straßenmöblierung, ein Beleuchtungskonzept, die Neugestaltung vieler Fassaden und Geschäftsauslagen bis hin zum Abriss einzelner verwahrloster Häuser und der Errichtung moderner Bauten. Von zentraler Bedeutung war dabei die gleichzeitige Eindämmung weiterer Handelsansiedlungen am Stadtrand seitens der Planungspolitik.

Nach nur vier Jahren gab es in der oberen Altstadt keinen Leerstand mehr. Bereits 2008 verzeichneten die Unternehmer eine Frequenzsteigerung von 61 Prozent und ein Umsatzplus von 7,7 Prozent. Gleichzeitig sank der Kraftfahrzeugverkehr im Zentrum um 40 Prozent, während der Radverkehr um 56 Prozent und der Fußgängerverkehr um 76 Prozent zunahmen. Die getätigten Investitionen führten laut Stadtmarketing Lienz zu einer Wertsteigerung der Liegenschaften um bis zu zehn Prozent – und bald setzten erste Nachfolgeeffekte in anderen Stadtquartieren ein. Am wichtigsten scheint aber, dass die obere Altstadt im öffentlichen Bewusstsein wieder als vitaler und attraktiver Standort verankert werden konnte.

Seit bald 30 Jahren steht die Stadt Salzburg für eine konsequente Qualitätsorientierung in der Stadtentwicklung, wofür im Magistrat auch die erforderlichen Strukturen und Instrumente geschaffen wurden. So liegen alle raumrelevanten Kompetenzen wie Stadtentwicklungsplanung, Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung, Architekturbegutachtung, Verkehr oder auch Naturschutz in der Zuständigkeit einer einzigen Abteilung, was Reibungsverluste oder Widersprüchlichkeiten wie in anderen größeren Städten ausschließt. An qualitätsfördernden Instrumenten wiederum stechen der zweistufige Bebauungsplan sowie die Architekturbegutachtung heraus.

Der Salzburger Bebauungsplan enthält in seiner Grundstufe lediglich Mindestaussagen wie durchschnittlich mögliche Höhen, allgemeine Dichtewerte oder zulässige Nutzungen – was sowohl Anrainern als auch Käufern und Investoren ausreichend Rechtssicherheit bietet. Bei größeren Bauvorhaben erarbeitet die Stadtplanung einen sogenannten Aufbaustufenbebauungsplan – allerdings erst nach Vorliegen eines konkreten Projektantrags. Dabei werden die genauen Höhen und Baufluchten, die Gestaltung der Fassaden und Grünflächen oder auch eine etwaige Tiefgaragenpflicht festgeschrieben und viele Details fixiert, die in einem klassischen einstufigen, vorab „auf Verdacht“ erstellten Bebauungsplan niemals festzulegen wären.

Die dabei einbezogenen Bauwerber wissen um die Notwendigkeit, die Ziele der Stadt zu erfüllen, da ihr Projekt ansonsten die seit den 1980er-Jahren für alle Baumaßnahmen verpflichtende Architekturbegutachtung nicht bestehen würde. Diese erfolgt bei größeren Projekten durch den Gestaltungsbeirat – eine Best Practice für sich, zumal er mit internationalen und von Salzburg wirtschaftlich unabhängigen Experten besetzt ist, stets öffentlich tagt und sich seine Empfehlungen quasi als für das Rathaus bindend etabliert haben. Wie unüblich solches nach wie vor ist, zeigt etwa der Fachbeirat der Bundeshauptstadt, der ausnahmslos mit Experten aus Wien besetzt ist, sich hinter verschlossenen Türen trifft und de facto keine Möglichkeit hat, politisch motivierte Pläne zu durchkreuzen.

Mit seinem neuen Stadtentwicklungskonzept beschloss Graz 2011, von nun an so gut wie keine Umwidmungen von Grün- in Bauland mehr vorzunehmen, um die verbliebenen Freiräume als solche zu sichern. Dazu stellt die Stadtregierung ab diesem Jahr auch ein fixes Budget bereit, um Grünflächen anzukaufen, zu pachten, zu gestalten und dauerhaft für die Öffentlichkeit zu bewahren. Die bauliche Entwicklung soll auf den sogenannten „Brownfields“ – also auf alten Industrie-, Gewebe- und Bahnflächen – sowie durch maßvolle Verdichtung der bestehenden Stadt erfolgen, und zwar entlang der Achsen des leistungsfähigen öffentlichen Verkehrs, der aktuell durch den Ausbau zweier Straßenbahnlinien weiter gestärkt wird. Das steirische Raumordnungsgesetz von 2010 ermöglicht es neuerdings, im Bebauungsplan ganz spezifisch Nutzungen auszuschließen oder vorzuschreiben – was die Grazer Stadtplanung künftig für etagenweise differenzierte Vorgaben nutzen will, um etwa die Erdgeschoßzonen von Neubauten in Hauptstraßen für Handel und Gastronomie zu reservieren.

Generell entwickelte sich die Steiermark in den vergangenen Jahren in Sachen Raumplanung zum Musterschüler unter den neun Bundesländern. Als man 2006 als erstes und bislang einziges Bundesland flächendeckend über eine ganzheitliche, rechtlich verbindliche Regionalplanung auf Bezirksebene verfügte, die seither einen klaren Rahmen für die Kommunalplanung vorgibt, drängte die Landesregierung bereits in ihrem nächsten Schritt die Gebietskörperschaften zu einer Neugliederung: Mit dem Ziel der Effizienzsteigerung und Kostensenkung erfolgte 2009 die Bildung von sieben Großregionen, die zeitgemäßere räumliche Einheiten darstellen, als die zunehmend bedeutungslos gewordenen 17 politischen Bezirke dies tun. Sie erfüllen auch nicht bloß administrative Aufgaben, sondern verfügen mit einer Regionalversammlung und einem Regionalvorstand jeweils auch über politische Organe. Die Großregionen werden nun in Körperschaften öffentlichen Rechts umgewandelt und fungieren künftig als Träger der sogenannten Regionalmanagements, der Energieagenturen, von EU-geförderten Projekten oder auch als Bezugsebene der steirischen Regionalplanung.

Die Gemeinden wiederum wurden animiert, sich zu Kleinregionen zusammenzuschließen – etwa durch eine um 20 Prozent höhere Kofinanzierung des Landes für kleinregionale Projekte zulasten nicht kooperativer Vorhaben. Von etwa 80 solcher Kleinregionen, die die Landesregierung vor Augen hatte, haben sich inzwischen rund 65 konstituiert. Ziel ist vor allem, dass die zusammengeschlossenen Gemeinden ihre technische und soziale Infrastruktur interkommunal und nicht mehr individuell planen, errichten und betreiben – und künftig auch ihre Raumplanung gemeinsam durchführen. Die Gemeinden der Kleinregion Oberwölz zum Beispiel haben ihre örtlichen Entwicklungskonzepte bereits gemeinschaftlich erstellt. Inzwischen wird ein noch größerer Schritt zur Reform der Gemeindestruktur diskutiert, der jahrzehntelang als politisches Tabuthema galt – nämlich die Zusammenlegung von Gemeinden. So steht unter anderem im Raum, dass in den nächsten Jahren mehrere Umlandgemeinden von Graz der Landeshauptstadt beitreten, wodurch die Kernstadt und ein Teil ihres suburbanen „Speckgürtels“ künftig einer gemeinsamen Planung unterlägen.

Bemerkenswert am Beispiel Steiermark ist nicht zuletzt die Reaktion der Gemeinden. Die meisten Bürgermeister beurteilen die Direktiven der Landes- und Regionalplanung nach einiger Zeit nicht mehr als Bevormundung, sondern als wertvolle Unterstützung, zumal sie es ihnen erleichtern, heikle kommunalplanerische Entscheidungen durchzusetzen. Der weit verbreitete politische Glaube, wer etwas wage, habe bereits verloren, findet durch keinen einzigen der reformwilligen Gemeinde-, Stadt- oder Landesplanungsverantwortlichen in Österreich Bestätigung. Im Gegenteil: Die Notwendigkeit einer zukunftsorientierten Planungs- und Baukultur, der Mehrwert einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung wird von den meisten Bürgern durchaus erkannt – wenn man sich die Mühe macht, ihn entsprechend zu vermitteln. ■

BAUKULTURREPORT: Fakten

Nach dem ersten Baukulturreport, 2006, einer kritischen Bestandsaufnahme von Architektur und Bauwesen, Raumplanung und Landschaftsplanung in Österreich, bietet der dieser Tage vorgestellte zweite Baukulturreport vor allem eine Sammlung modellhafter Strategien und Projekte.

Das 160-seitige Kompendium (www. baukulturreport.at) mündet schließlich in 45 konkrete Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger. Auftraggeber ist die Bundesregierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2012)

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