Von Turin nach Sotschi – und wieder zurück

Dopingsünder Johannes Dürr – ein Einzelfall? Warten wir die Ermittlungsergebnisse des Bundeskriminalamts ab.

Es hat in Österreich längst Tradition, erfolgreichen Olympiateilnehmern einen ordentlichen Empfang zu bereiten. Nach London 2012 war das freilich nicht notwendig, in Sotschi aber hat vor allem die ÖSV-Abteilung zurückgeschlagen. Von den 17 Medaillen, die Österreich gesammelt hat, gehen 16 auf das Konto des Skiverbandes. An die „goldenen Spiele“ von Turin 2006 ist die ÖOC-Mannschaft nicht herangekommen, damals ist man mit 23 Medaillen heimgekehrt. Und mit einem riesigen Dopingproblem. Die Folgen damals waren fatal.

Während man gestern am Abend in Innsbruck, wo vor 50 Jahren erstmals in diesem Land das olympische Feuer gebrannt hat, Matthias Mayer, Julia Dujmovits, Anna Fenninger, Mario Matt und all die anderen hochleben ließ, muss sich Johannes Dürr wie ein armer Sünder gefühlt haben. Der 26-jährige Niederösterreicher ist des EPO-Missbrauchs überführt worden, er wurde vom ÖSV eliminiert, alle Förderungen werden eingestellt, er steht nicht nur sportlich vor dem Nichts.

Bevor ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel den Langlauf hierzulande auf Eis legt und gleichsam zusperrt, hat er noch einiges aufzuarbeiten. Nach den Vorfällen in Turin war Österreich gezwungen, sich dem Problem Doping zu stellen. Diesmal besteht die Gefahr, die Causa Johannes Dürr als Einzelfall abzuhaken. Ein schwarzes Schaf, das es in den besten Familien geben soll, schließlich haben auch die Deutschen mit Evi Sachenbacher-Stehle (Biathlon) ihr Sotschi-Problemkind.

Wer auf EPO zurückgreift, der greift zu einem harten Mittel, mittlerweile aber leicht nachweisbar. Wer während Olympia auf EPO zurückgreift, der provoziert ein Ertapptwerden. Dürr muss nun die Konsequenzen tragen. Schon am Sonntagnachmittag wurde der Langläufer vom Bundeskriminalamt kontaktiert. Der Dopingsünder, so teilt das BK mit, soll sich dabei kooperativ zeigen, die Ermittlungen bezüglich Hintermännern sind im Laufen. Involviert ist auch die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada), sie hat Hinweise geliefert.

Dürr steht unter Verdacht, gegen Paragraf 147 (Wettbetrug) verstoßen zu haben. Weiters wird ermittelt, ob mit verbotenen Substanzen gehandelt wurde. Das Bundeskriminalamt wird nach Abschluss der Untersuchungen einen Bericht an die Staatsanwaltschaft verfassen, diese entscheidet dann über eine Anklage. Rasche Ermittlungsergebnisse wären wie immer wünschenswert. Denn Sotschi darf kein zweites Turin werden.

E-Mail:wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2014)

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