Im Erfolg der anderen viel zu lang gebadet

Österreichs Auftritt bei der Schwimm-WM in Kasan ist alarmierend – kein OSV-Starter übersteht seinen Vorlauf.

Schwimm-Weltmeisterschaften hatten von 2001 bis 2010 für Österreich etwas so Bewundernswertes, natürlich Patriotisches. Es gab Medaillen zu feiern, sechsmal wurde auf der, im Gegensatz zur Kurzbahn weltweit beachteten, olympischen 50-Meter-Bahn gejubelt. Den Bann hatte Maxim Podoprigora gebrochen, Markus Rogan (3) entfachte mit seinen brillant-spannenden Rückenschwimmrennen Euphorie, Mirna Jukić zweimal über 200 Meter Brust ebenso.

Rogan gewann 2008 in Manchester auch das einzige WM-Gold über 200 Meter Rücken. Fünfzehn WM-Medaillen wurden insgesamt gewonnen, sie und ihre Protagonisten machten Schwimmen in Österreich kurzfristig überaus populär.

Nun läuft die WM in Kasan, Russland. Was ist von Österreichs Startern zu hören? Verpasste Limits, vergebene Chancen, kein einziger Semi- geschweige denn Finaleinzug. All das trotz, es mutet in Wahrheit eigentlich paradox an, plakativ verbreiteter Saisonbestleistungen. Was nützt denn eine Bestmarke, wenn sie im internationalen Vergleich wertlos ist? Sie zeigt, dass womöglich richtig trainiert worden ist, die Form stimmt. Aber wenn man trotzdem ausscheidet, ist auch unbestritten, dass immer noch Welten zur Weltspitze fehlen.

Österreichs Sportfunktionäre, -Politiker und Trittbrettfahrer baden gern im Erfolg. Bleiben Jubelmeldungen oder Feiern aber aus und werden Skandale – im Fall des Schwimmverbandes ist das seit London 2012 mit dem Bruch zwischen Paul Schauer und Dinko Jukić allgegenwärtig –, über den Umgang mit Fördergeldern publik, ist die Frage nach einer klärenden Kurskorrektur nicht unberechtigt.

Nicht nur auf Funktionärsebene herrscht im OSV Handlungsbedarf, auch im Schwimmbecken sollten sich einige fragen, ob sie in der richtigen Disziplin unterwegs sind. Bis gestern überstand kein heimischer Starter seinen Vorlauf, die Damenstaffel verpasste um 3,75 Sekunden das Limit für Rio de Janeiro. 8:05,23 Minuten, freilich Nationalteam-Rekord, aber letztlich von keiner weiteren Bedeutung.

Podoprigora, Rogan oder die Jukić-Geschwister waren Wunderkinder, hinter ihnen klaffte ja auch ein Loch. Man hat es aber ob der Erfolge übersehen. Ähnlich ist die Situation im Skiverband. Doch der OSV ist keineswegs der ÖSV. Es gibt keinen souveränen Präsidenten. Es gibt auch keine neuen Medaillenanwärter und folglich bald keine neuen Förderungen mehr. Alle – ob Schwimmer, Funktionär oder Trainer – haben viel zu lang selbstzufrieden im Erfolg der anderen gebadet.

E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2015)

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