Anstoss

Warnschuss mit heilender Wirkung

Leo Windtner ist nicht unumstritten, will aber trotzdem ÖFB-Präsident bleiben.

Warnschüsse haben mitunter heilende Wirkung, sie hinterlassen jedoch zumeist einen Beigeschmack. Denn kommt solch eine Aktion – wie im Fall des ÖFB und der nahenden Wiederwahl von Präsident Leo Windtner – aus den eigenen Reihen, herrscht trotz aller prompt folgenden Dementi gehöriger Unmut.

Sieben von zehn Mitgliedern würden den Oberösterreicher, seit 2009 im Amt, derzeit nicht mehr wählen. Ein Teil des ÖFB-Präsidiums wünscht sich mehr Mitspracherecht bei Personalfragen und wirtschaftlichen Zielsetzungen. Man wolle in die Geschäfte maßgeblich „eingebunden“ sein und Verantwortung nicht länger nur als simple Konsequenz tragen. Es sei „nichts Dramatisches“, man wollte Windtner dieses Anliegen nur unmissverständlich vor Augen führen, so ein Präsidiumsmitglied zur „Presse“.

Der Disput dreht sich aber auch um Sportdirektor Willibald Ruttensteiner. An ihm stoßen sich viele Funktionäre bereits seit seiner Bestellung. Ihn abzuschießen, war vor der erreichten EM 2016 unmöglich, auch jetzt hätte es eine schiefe Optik – ihm würde eine Märtyrerrolle zuteil. Doch verliert Österreich am 11. Juni in Irland, beginnt diese Diskussion erneut und eine Woche später wartet die ÖFB-Wahl. Windtner könnte also gezwungen sein, diese Hebelwirkung einzusetzen – denn er will unbedingt ÖFB-Präsident bleiben.

Österreichs Fußball hat weitaus größere Probleme als diese Personalie. Die gefährdete WM-Qualifikation, die quälende Teamcheffrage, das heillose Chaos rund um die Vision eines Nationalstadions mit zwei Machbarkeitsstudien, die skurrile Ligareform ab 2018. Was aber passiert, würde Windtner jetzt nicht mehr zu Verfügung stehen? Dieser Schachzug wäre gar nicht so abwegig. Dann folgt ihm womöglich doch ein Altpolitiker nach, der präsidiale Karriereweg wird im österreichischen Sport durchaus gepflegt, dann wäre es um Mitspracherechte endgültig geschehen. Vielleicht herrscht im ÖFB genau deshalb bald wieder eitel Wonne. Warnschüsse haben ja mitunter auch eine heilende Wirkung.

E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2017)

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