West Ham als Warnung für den ÖFB

Charaktere wie Marko Arnautović brauchen starke, unbequeme, eloquente Trainer. Der "Rückfall" des ÖFB-Legionärs sollte nicht nur im Osten Londons hellhörig stimmen.

Nicht nur in Österreich gibt es Veteranen, die sich als TV-Experten versuchen, sondern verstärkt auch überall dort, wo Fußball von weitreichenderer Bedeutung ist. Im „Mutterland des Fußballs“ herrscht sogar ein anderer Umgangston. Rauer, härter – ehrlicher. „Verhaberung“ ist auf der Insel seit jeher ein Fremdwort.

Marko Arnautović hat seit diesem Wochenende zwei neue „Follower“: Gary Neville, einst bei Manchester United, und Liverpool-Ikone Jamie Carragher. Noch nie sahen die Sky-Kommentatoren einen derart „armseligen Kicker“, der seinem Team und Trainer derart Druck aufbürdet. Freilich, jeder Rekordzugang (27,4 Mio. Euro, Anm.) habe die Last zu tragen, dass mit dem ersten Schuss Erfolg verlangt wird. Doch wer so „lustlos über das Spielfeld schleicht und glaubt, besser als Ronaldo zu sein“, habe große Probleme.

Wer seine Trainer in die Bredouille bringt

Zwei Siege, eine rote Karte und drei Spiele Sperre, Platz 17 in der Tabelle, Arnautović ist noch nicht bei West Ham angekommen. Das bringt das Trainer-Duo Slaven Bilić und Nikola Jurčević (einst bei Salzburg) nach dem 0:3 gegen Brighton in die Bredouille. Ihnen droht heute der Rausschmiss, weil (u. a.) Arnautović nicht die Verstärkung ist, die man sich sehr teuer erkauft hat.

Bei Stoke City hatte sich der 28-jährige Wiener offenbar in Griff, seine Motivation hielt, es gab keinen offen zur Schau gestellten Missmut mehr. Das war dem Zutun von Trainer Mark Hughes geschuldet – oder eventuell doch dem Umstand, dass Marcel Koller jedes Arnautović-Spiel mit Argusaugen verfolgt hatte? Und sich der Spieler deshalb keine Aussetzer leistete, weil er im ÖFB-Team unbedingt spielen wollte?

Diese Personalie dokumentiert, wie heikel Österreichs Teamcheffrage ist. Es geht darum, Typen und Charaktere wie Arnautović, die unwidersprochen mit dem Ball alles können und immens wichtige Leistungsträger sind, nicht nur bei Laune zu halten, sondern ihnen Werte und Ziele klar zu vermitteln. Sie einzuschwören, die richtigen Mitspieler zur Seite zu stellen: Solche, die sich spielerisch und vor allem auch verbal zur Wehr setzen können.

Österreichs Fußballteam braucht einen Feldherren. Einen, der sich von außen partout nichts dreinreden lässt, aber zugleich der Einzige ist, der auf dem Platz spricht. Einen Trainer, bei dem Härtefälle wie Arnautović und Co. spuren, der Aufstellungsfragen und Begehrlichkeiten jedoch gekonnt wegwischt, weil Sanktionen nicht sein einziges Rezept sind. Einen Betreuer, dessen Wort Gewicht hat. Bei manch ÖFB-Kandidat sind angesichts all dessen kapitale Zweifel durchaus berechtigt.

E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

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