Jetzt ist Ivanschitz Constantini wieder zu gut

(c) AP (Kerstin Joensson)
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In Österreichs Teamchef steckt kein Populist mehr, sonst hätte er den Mainz-Legionär einberufen. Ein aufgelegter Elfmeter für die Kritiker.

Der österreichische Fußballteamchef hätte sich die Sache viel leichter machen können. Aber Didi Constantini ist längst nicht mehr der Populist, der er am Beginn seiner ÖFB-Karriere war. Hätte er diesmal dem Volk aufs Maul geschaut, dann hätte er Andreas Ivanschitz für die beiden Qualifikationsspiele gegen Deutschland (2.September) und vier Tage später in Wien gegen die Türkei einberufen. Aber der Tiroler will weiterhin ohne den Mainz-Legionär auskommen.

Constantini nimmt in Kauf, dass er den Kritikern möglicherweise einen Elfmeter aufgelegt hat. Bringt Österreich in Gelsenkirchen spielerisch nichts zusammen, wird man den Teamchef dafür geißeln, Ivanschitz wieder einmal links liegen gelassen zu haben. Mit dem Verweis auf Constantinis Tiroler Sturschädel allein ist der Verzicht auf den ehemaligen Teamkapitän sicher nicht zu erklären. Jeder Trainer hat seine Linie, seine ganz persönlichen Favoriten und auch Lieblinge. Ivanschitz gehört nicht dazu. Beide haben schon öfters aneinander vorbeigeredet, ihre Beziehung ist ein einziges Missverständnis.

Der Trainerstab hat Andreas Ivanschitz zuletzt erneut beobachtet, der gebürtige Burgenländer hat dabei sogar ein (sehenswertes) Tor gegen Schalke erzielt. Das war Constantini offenbar zu wenig, Mainz hat das Spiel übrigens trotz Führung noch verloren. Die Begründung des Teamchefs klingt nicht schlüssig. „Ivanschitz“, sagt Didi Constantini, „ist kein Ergänzungsspieler – sondern ein Führungsspieler. Und ich setze lieber aufs Kollektiv.“

Das Nationalteam befindet sich unter Constantini ausgerechnet auf der Suche nach solchen Führungsspielern, nach Profis, die auch eine spielerische Linie in das zumeist so erfolglose Gemurkse bringen können. Dennoch ändert der Teamchef an seinem Kader nichts, weil jeder Trainer „seinen eigenen Kopf hat“. Er glaubt, auf die richtigen Kandidaten zu setzen, wenngleich ihn die Statistik widerlegt. Assistent Manfred Zsak ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen, „dass die Besten, die zur Verfügung stehen, einberufen wurden“.

Von Weltklasse, um bei einer alten Constantini-Formulierung zu bleiben, kann aber keine Rede sein. Dass Ivanschitz, der sich in guter Form und Verfassung befindet, aber zu den 20 besten Spielern des Landes gehört, sollte unbestritten sein. Der Betroffene selbst trägt sein Schicksal mit Fassung, er will seine Nichtnominierung nicht kommentieren.

Auch Roland Linz zählt trotz der Verletzung von Roman Kienast nicht zu den Auserwählten. Der Schützenkönig der vergangenen Saison passt Didi Constantini auch nicht ins Konzept. Strafraumknipser wird Österreich in Gelsenkirchen keinen brauchen, gegen Deutschland wird alles auf Konterfußball aufgebaut. Lange Bälle sollen auf die wieselflinken Harnik und Hoffer nach vorn gedroschen werden. Ganz nach dem Motto: „Viel Glück, macht's was draus!“

E-Mail: wolfgang.wiederstein@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2011)

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