Österreich-Holland: Aus einem 3:0 wurde ein 3:4

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Österreich gelang gegen die Niederlande ein Blitzstart, gab das Match aber noch aus der Hand und musste sich im Finish sogar mit 3:4 geschlagen geben.

Österreichs Fußball-Nationalteam ist immer noch nicht reif für die Heim-EM. Dem 0:3 gegen Deutschland folgte im Happel-Stadion vor 40.500 Zuschauern eine 3:4-Niederlage gegen die Niederlande. Dabei hatte sich die Auswahl von Josef Hickersberger nach 35 Minuten bereits eine 3:0-Führung erarbeitet, mit Fortdauer des Spiels aber wurde der Gegner immer stärker und drehte das Testmatch noch um. Keine Alltäglichkeit im internationalen Fußball, aber es war typisch, dass diese Aufholjagd dem Oranje-Team zum unglaublichen 4:3-Sieg ausgerechnet gegen Österreich passierte. Das Publikum war letztlich enttäuscht, der voreilige Jubel verwandelte sich in Pfiffe.


Josef Hickersberger konnte diesmal auf jene Elf, die über weite Phasen gegen Deutschland gute Figur gemacht hatte, nicht zurückgreifen, aber der Teamchef war nicht nur aus personellen Gründen zu Umstellungen gezwungen. Einige fehlten aus Verletzungsgründen, andere passten nicht zum Gegner. Der 59-Jährige weiß, dass bei der Euro nur ein offensiv ausgerichtetes Team zum Erfolg kommen kann, mit Destruktivität wird die EM-Gruppe mit Deutschland, Polen und Kroatien nicht zu überstehen sein. Darum wagte er auch eine Variante, die gegen eine europäische Klasse-Mannschaft einiges Risiko in sich barg.

Voreiliger Jubel

Die rotweißrote Auswahl, gegen Deutschland (0:3) noch ohne Meisterschaftspraxis, präsentierte sich neuerlich verbessert – vor allem aber effizienter. Gleich von Beginn an ließ man dem Gegner spüren, dass man von Siegeswillen beseelt ist. Die Österreicher waren von Josef Hickersberger hervorragend eingestellt, die Taktik schien maßgeschneidert gegen Oranje. Die Niederländer, die Profis in die Topligen Europas wie am Fließband exportieren, wurden gewissermaßen überrumpelt. Bereits in der 6. Minute brandete im Happel-Stadion erstmals Jubel auf. Napoli-Verteidiger Garics hatte seinen Kapitän mit einem weiten Zuspiel auf die Reise geschickt, Ivanschitz packte seinen Gegenspieler mit einer gekonnten Körpertäuschung ein, schaute kurz auf, schloss die Aktion mit einem Schuss ins lange Ecke erfolgreich ab.
Der Führungstreffer stärkte das Selbstvertrauen der Österreicher, die explosionsartig ihre Chance witterten. Immer wieder trieben sie den Ball nach vorne, an fast allen Aktionen zeigte sich Ivanschitz beteiligt, der Panathinaikos-Legionär wird immer wertvoller. Nicht nur, wenn das Leder rollt, sondern auch bei ruhenden Bällen. Aus zwei Standardsituation sollten später noch weitere Treffer fallen. Zweimal trat Ivanschitz einen Eckball, zweimal war Sebastian Prödl, der 20-jährige Abwehrriese, der im Sommer von Sturm Graz zu Werder Bremen wechselt, zur Stelle (19., 35. Minute). Und zweimal war der holländische Tormann Henk Timmer (Feyenoord) nicht im Bilde. Er irrte eher planlos im kleinen Strafraum umher, ermöglichte so überhaupt erst, dass Prödl, einer der Helden bei der U20-WM, seine ersten beiden Tore im Team erzielen konnte.

Der Zusammenbruch

Die 3:0-Führung weckte Erinnerungen an das Jahr 1990, auch damals führte Rotweißrot (Vorbereitung auf die WM in Italien) gegen die Niederlande mit 3:0, am Ende hieß es übrigens 3:2. Gestern stand es zur Pause 3:1, Ajax-Torjäger Huntelaar war nach einem Corner und Fehler von Gercaliu per Kopf zur Stelle (38.).
Nach der Pause legten die Holländer noch einen Gang zu, da war es mit Österreichs Herrlichkeit vorbei und Heitinger verkürzte auf 3:2 (67.). Im Finish folgte der Zusammenbruch. Tormann Payer ermöglichte den Ausgleich durch Vennegor of Hesselink (82.), in der 86. Minute setzte es sogar noch das 3:4 durch Huntelaar. Auf einmal war die Blamage perfekt. Denn so eine klare Führung darf man nicht einfach mehr aus der Hand geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.3.2008)

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