ÖFB-Roulette: Finke statt Slomka

(c) GEPA (Uwe Speck)
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Da Schalke seinen ehemaligen Trainer Mirko Slomka nicht ohne finanzielle Abstriche ziehen lässt, ist der Weg frei für Volker Finke als Hickersberger-Nachfolger.

WIEN. Seit dem 23. Juni sucht Österreich nach einem Fußball-Teamchef. Nach Josef Hickersbergers Rücktritt wurden Trainer im In- und Ausland zwar sofort hellhörig und auch bei ÖFB-Präsident Friedrich Stickler vorstellig, doch er lässt sich bei dieser feinfühligen Personalentscheidung Zeit. Er selbst setzte sich Ende Juli als endgültige „Deadline“, in weiser Voraussicht, dass der neue Mann seinen Job mit Vertragsbeginn am 1. August antreten und das Team für den Test gegen Weltmeister Italien (20. August, Nizza) und den Beginn der WM-Qualifikation 2010 (6. September, Gegner: Frankreich) vorbereiten werde.

„Gefahndet“ wurde von Stickler nach einem „Mann, der das Team zur WM 2010 führt. Er muss entsprechend nationale oder internationale Erfahrung haben und den Weg mit jungen Spielern fortsetzen.“ Zuletzt standen aber nur noch zwei nicht unbedingt international klingende Namen in der engeren Auswahl: Volker Finke (60) und Mirko Slomka (40).

Finke, der neben Avram Grant oder Hector Cuper auch im erweiterten Kandidatenkreis des georgischen Verbandes aufscheint, galt sechzehn Jahre lang als „Mastermind“ des SC Freiburg. Slomka führte zuletzt Schalke 04 ins Viertelfinale der Champions League. Beide haben noch nie ein Nationalteam betreut, und noch etwas eint beide: Sie waren Lehrer. Finke war Studienrat für Sport, Slomka ist Spezialist für Mathematik.

Sticklers Spiel auf Zeit sprach dafür, dass er dem jüngeren Kandidaten – mit ihm hatte er sich am Tag des EM-Finales in Wien getroffen – den Vorzug geben würde. Slomka ist von dem Jobangebot auch hellauf begeistert, im Telefonat mit der „Presse“ sprach er von „einer interessanten Aufgabe, die enormen Reiz versprüht. Denn diese Mannschaft hat Potenzial!“ Auch wären alle Gespräche mit Stickler und ÖFB-Generalsekretär Alfred Ludwig „hervorragend“ verlaufen. Der einzige Haken: Der lange Schatten von Schalke 04.

Geld, nicht mit Herz

Schalke hatte sich, so Slomka, bis dato geweigert, den zwar im April 2008 suspendierten aber weiterhin unter Vertrag stehenden Angestellten ohne Ablöse ziehen zu lassen. In Gelsenkirchen sieht man die Sachlage anders: Slomka habe nur auf Erfolgsprämien verzichten, jedoch sein Grundgehalt (eine Million Euro) für diese Saison kassieren wollen. Der Klub lehnte ab, Slomka kommt somit aus seinem Vertrag nicht heraus, der ÖFB-Traum scheint geplatzt. Slomka meinte leise: „Es tut mir leid, ich muss der Pflicht nachkommen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Mehr wollte er auch nicht sagen. Am Tag nach dem von ihm angekündigten Treffen mit Schalke blieb sein Handy ausgeschaltet.

Volker Finke hatte die Euro 2008 als Co-Kommentator für das Schweizer Fernsehen verfolgt, so kam vermutlich auch der Kontakt mit Friedrich Stickler zustande. Für ihn spricht, dass er mit jungen Spielern umgehen kann und aufgrund seines Alters einen gewissen Erfahrungsschatz mitbringt. Außerdem gilt er als „Hardliner“, der seinen Weg geht und somit auf die in Österreich kultivierten „Seilschaften“ keine Rücksicht nehmen würde. In Freiburg hatte er vom Klub-Präsidenten „freie Hand“, ob es aber für ein Nationalteam und WM-Qualifikation reicht?

Finke gab sich beim „Presse“-Anruf verschlossen und obwohl seine Begierde nach dem ÖFB-Job deutlich spürbar war in der Intensität seiner Worte, wollte er „lieber kein Interview geben“. Jedes Wort, so Finke, gehe „in diesem Stadium der Trainerfindung zu Lasten der Qualität des Ergebnisses“. Fehlt da gar nur noch die Unterschrift? Der Deutsche entschuldigte sich für sein Schweigen („Sie machen ja nur Ihren Job, ich meinen“), er hielt aber an seinen „eisernen Grundsätzen“ fest. Bei einem positiven Abschluss gäbe es ohnehin sofort eine Pressekonferenz...

Nur eines war Finke noch zu entlocken: „Teamchef zu sein, ist eine wichtige Position! Ein Nationalteam zu trainieren ist enorm, das ist ein anderer, ein anspruchsvollerer Job als bei einem Klub.“

AUF EINEN BLICK

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2008)

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