Die Zukunftswerkstatt wird nie eröffnet

Der ÖFB wollte modernster Verband werden, aber den Funktionären fehlt der Reformwille.

Friedrich Stickler hat bei seinem Abschied in einer kleinen Runde hoch oben über den Dächern von Wien von einer Art Vermächtnis gesprochen. Er war es, der eine „Zukunftswerkstatt“ aus der Taufe gehoben hat, Experten aus dem In- und Ausland be- und durchleuchteten den ÖFB, zogen daraus ihre Schlüssel. „Ich will, dass wir die Weichen dafür stellen, der beste Verband Österreichs zu werden“, lautete die Vision. Man wollte im nächsten Jahrzehnt die Konkurrenz mit dem Skiverband und Peter Schröcksnadel aufnehmen, um international wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Die Latte hat Stickler bewusst hoch gelegt, auch wenn sie der ÖFB nicht überqueren wird können. „Kein Stein soll auf dem anderen bleiben, wenn es sein muss“, hat der Präsident im Jänner 2008 erklärt. „Und wenn es sein muss, dann sollen auch die Fetzen fliegen.“ Klubmanager aus England, Deutschland und der Schweiz sollten die Schwachstellen innerhalb des Verbandes ausloten, offen ansprechen. „Wir wollen die Arbeit optimieren.“

Eine Erkenntnis des ehemaligen ÖFB-Bosses ist, dass der Verband künftig von keinem ehrenamtlichen Präsidenten mehr geführt werden kann. Die Statuten müssten geändert werden, das wäre ein Federstrich für die Juristen – fraglich ist nur, ob die Landespräsidenten einer eigenen Entmachtung zustimmen. Stickler bezeichnet es als „Nagelprobe“ und man darf Wetten darauf abschließen, dass die Landesfürsten nicht bereit sind, auf Einfluss zu verzichten. Auch die Bundesliga, die in den vergangenen Jahren emsig daran gearbeitet hat, sich mehr Verhör und Mitspracherecht zu verschaffen, sicher nicht.

Wie es um den Reformgeist der Landespräsidenten bestellt ist, das lässt sich bereits nach wenigen Tagen abschätzen. Für Erneuerungen sind die Vertreter der Bundesländer nicht bereit, einige sind wahrscheinlich auch überfordert mit der neuen Situation. Jetzt, wenn sie Verantwortung übernehmen müssten, verlässt sie der Mut.

Innovative Vorschläge gibt es keine, der Stickler-Nachfolger wird vermutlich Alfred „Gigi“ Ludwig heißen. Der Generalsekretär, bislang schon heimlicher Präsident, hält sich zwar bedeckt, doch wird er als bequemste und logische Lösung gesehen. Ludwig, der seinen Lohn von der Austrian Football Marketing GmbH bezieht, ist jetzt schon hauptberuflicher Funktionär, „man bräuchte nur das Türschild zu ändern“, wie es Ehrenpräsident Beppo Mauhart formuliert.

Ludwig hat in der Vergangenheit Mauhart und Stickler beraten, der Generalsekretär kann aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit und Befangenheit im Wiener Prater nicht für zeitgemäße Strukturen stehen. Schon gar nicht für einen Neubeginn.

Beppo Mauhart warnt auch davor, das Amt des ÖFB-Präsidenten nur nach politischen Gesichtspunkten zu vergeben. „Sport und Politik sind in Österreich schwer zu trennen, aber die Politik mischt sich nicht wirklich ein“, behauptet der ehemalige Langzeitboss. Bei der Bestellung von hohen Sportämtern aber sehr wohl. Auch das hat Tradition – wie einfallslos!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2008)

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