Fußball-Bundesliga: Nur die Plastikrosen fehlen

(c) Reuters (Dominic Ebenbichler)
  • Drucken

Es vergeht kein Wochenende ohne Schützenfest mehr, Siege mit fünf, sechs oder sieben Treffern Differenz stehen fast schon auf der Tagesordnung. Die Torjäger haben es schon lange nicht mehr so leicht gehabt.

WIEN.Die Fans dürfen sich die Hände reiben, der Stadionbesuch wird so immer mehr zum Kirtag, nur diese abstoßenden und kitschigen Plastikrosen oder niedlichen Plüschtiere gibt es nicht zu gewinnen. Rapid, Salzburg oder Sturm Graz sind jederzeit für sogenannte Kantersiege gut, die Leidtragenden kommen abwechselnd aus Vorarlberg, Mattersburg, Kapfenberg, neuerdings auch aus Linz (Lask).

Die Liga ist längst zu einer Zweiklassengesellschaft geworden, ab Rang sieben kann man nur schwer von Fußball sprechen, der Erstligareife besitzt. Den Zuschauern ist dies einerlei, sie kommen auf ihre Rechnung, der sportliche Stellenwert der Abendgestaltung steht nicht im Mittelpunkt. Der Torjubel auf den Tribünen vertreibt die Kälte, die in die Glieder klettert, Alkohol versüßt obendrein das Leben vieler Fans, über die späten Anpfiffzeiten tröstet man sich illuminiert hinweg.

Die Quotenjäger

Gefeiert werden vor allem die Torjäger, denen das Toreschießen so leicht wie schon lange nicht mehr gemacht wird. Der Salzburger Marc Janko hält nach 20 Runden bei 29 Treffern, Rapids Stefan Maierhofer hat es auch schon auf 18 Tore gebracht. Diese Quote hat in der Vergangenheit schon gereicht, um Schützenkönig zu werden. Heuer hingegen wird man sich eher an der Rekordmarke von Hans Krankl (41 Tore 1978) orientieren müssen, will man nach 36 Runden ganz oben stehen. Oder zumindest an Ivica Vastic (32 Treffer im Jahr 2000) oder Gerhard Rodax (1990; 35).

Die Schlagzeilen hat Marc Janko gepachtet, der Sturmtank darf sich auch Hoffnungen auf einen Auslandstransfer machen. Immer wieder wird der Teamstürmer beobachtet, die Interessenten kommen aus Deutschland, England, Italien und Spanien. Salzburgs Trainer Co Adriaanse freut sich zwar über die fantastische Form seines Schützlings, gibt aber auch zu bedenken, dass ein Verkauf der heißesten Klubaktie auch mit einem Risiko verbunden ist. „Will Salzburg Meister werden, dann muss Janko blieben. Lässt man ihn gehen, riskiert man, dass wir keinen Titel gewinnen.“ Im Pokal ist man bereits ausgeschieden, somit bleibt die Liga als einzige Hoffnung. Wird auch dieses Ziel nicht erreicht, dann kann sich die Red-Bull-Werkself wieder auf Spott und Häme gefasst machen.

Gern gesehene Gäste

Während sich in Salzburg alles um den Solisten Janko dreht, kann Rapid die Lasten auf mehrere Schultern verteilen. Der 8:1-Erfolg über Altach ist das beste Beispiel dafür. Stefan Maierhofer und Erwin „Jimmy“ Hoffer steuerten je drei Tore bei, der eingewechselte Nikica Jelavic binnen drei Minuten zwei Treffer. Hätte der Rekordmeister über 90 Minuten das Tempo gehalten, der Sieg wäre locker zweistellig ausgefallen, ein 12:1 durchaus auch noch drinnen gewesen. Aber Grünweiß hatte mit den Gästen aus dem Ländle doch auch noch ein wenig Mitleid. Zumindest Steffen Hofmann, der Kapitän, der einen Elfmeter vergab.

Die acht Treffer gegen Altach dürfen nicht überbewertet werden, schließlich gelten die Vorarlberger fast schon als Lieblingsgegner. Einmal kamen sie mit 2:7 unter die Räder, einmal mit 1:5, diesmal eben mit 1:8. Ergibt eine Tordifferenz von 4:20. Davon gehen übrigens 19 auf das Konto von Maierhofer, Hoffer und Jelavic.

Spielverderber verlieren sich ins Hanappistadion selten, Rapid ist dort seit einem Jahr ungeschlagen. Die Bilanz spricht eine klare Sprache: 17 Spiele, 15 Siege, zwei Remis, Tordifferenz 50:10. Die grünweißen Fans bekommen also in Hütteldorf für ihr Geld durchwegs etwas geboten, mit ein Grund, warum sich der Rekordmeister über einen so hohen Zuschauerschnitt freuen darf.

Ailton schämte sich

Die Stürmer haben derzeit ihre Hetz, am Sonntag wartet nun das nächste Wiener Derby gegen die Austria (2:1-Sieg in Kapfenberg). Gelegenheit zur Revanche für die jüngste (und verdiente) 0:2-Niederlage im Horrstadion.

Altachs Trainer Urs Schönenberger blieb nach dem Debakel gar nichts anderes über, als den Traumsturm des Gegners zu loben. „Gott sei Dank müssen wir nicht jede Woche gegen Rapid antreten. Wir hatten zu viel Respekt und Angst – wir sind vorgeführt worden.“ Fast peinlich war der Auftritt Ailton: „Es gab nur Probleme, ich weiß auch nicht, was da eigentlich los war.“ Ganz einfach: Kegelabend war angesagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.