Fußball-Bundesliga: Phantome bleiben unsichtbar

(c) APA (Krug Johannes)
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Der Winterkönig thront in Salzburg, weil sich Rapid und Austria gegenseitig die Punkte abknöpften. Ein moralischer Sieger und eine Selbstgeißelung.

WIEN. Einmal müssen die Fußball-fans noch frieren, dann haben sie die Bundesligaspiele für 2009 überstanden. Als „Winterkönig“ darf sich jetzt schon Salzburg feiern lassen, die Führung des großen Favoriten beträgt fünf Punkte, mit einem Marc Janko fällt das Siegen auch viel leichter, der Teamstürmer hält bei 30 Saisontoren, auf den Rekord von Hans Krankl aus der Saison 1977/78 fehlen nur noch elf Treffer. Für die Statistiker heißt das: Der Sturmtank jubelt alle 51 Minuten.

Einen solchen Torgaranten gibt es bei den Wiener Großklubs nicht, Austria und Rapid kämpfen obendrein mit dem Problem, sich viermal im Jahr als Nummer eins der Bundeshauptstadt beweisen zu müssen. Mit schöner Regelmäßigkeit nimmt man sich gegenseitig die Punkte weg, als lachender Dritter darf sich Salzburg fühlen. Das 288. Duell der beiden Erzrivalen endete mit 2:2, die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Derby verschlangen zusätzliche 40.000 bis 50.000 Euro. Immerhin hat sich die Investition und der personelle Aufwand (800 Polizisten, 200 Security) gelohnt, diesmal ist es zu keinen Ausschreitungen gekommen, damit können auch künftig derlei Spitzenspiele im Horrstadion ausgetragen, müssen nicht ins neutrale Happel-Stadion verlegt werden.

Grünweiße Selbstzufriedenheit

Rapid wäre das aus rein sportlicher Sicht vielleicht gar nicht so unrecht, denn die Hütteldorfer finden am Favoritner Verteilerkreis nur sehr selten zum Erfolg. In 24 Versuchen siegte Grünweiß lediglich zweimal, zuletzt im Oktober 2005. Vor vier Wochen kassierte die Mannschaft von Trainer Peter Pacult ein 0:2, diesmal bewies der Rekordmeister Moral und Kampfkraft, holte trotz 0:2-Rückstand noch ein Remis. „Die Fans können beruhigt sein: Wir sind die Nummer eins in Wien, das ist doch eh das Wichtigste für sie.“ So gesehen erlaubte sich der Verein auch mit einer gewissen Selbstzufriedenheit am Montag in den Abendstunden grünweiße Weihnachten zu feiern.

Im Advent hat man sich darauf besonnen, im Vorfeld des Spiels gegen die Austria keine wirkliche Rivalität aufkommen zu lassen. Nur Stefan Maierhofer und Rubin Okotie, der vor einem Monat den Torjubel des baumlangen Hütteldorfers „kopiert“ hat, sind sich verbal ein wenig in die Haare geraten. Beide gingen diesmal leer aus, das Phantom hat sich verflüchtigt, gern haben werden sich die beiden nicht mehr.

Keeper und Torheiten

Ähnliches gilt auch für die Beziehung zwischen den Rapid-Fans und Joey Didulica. Der ehemalige Austria-Torhüter, der seit seiner Kung-Fu-Attacke an Axel Lawaree das größte Feindbild darstellt, wurde als Zaungast auf der Osttribüne gesichtet – und war sofort wieder die Reizfigur. Ein Zusammentreffen mit Helge Payer beim TV-Sender „Premiere“ wenige Stunden vor Anpfiff des Fußballschlagers hat übrigens Rapid untersagt, der Klub wollte jede Möglichkeit, dass eventuell zusätzliches Öl ins Feuer gegossen wird, ausschließen.

Payer und Didulica, der bei Alkmaar unglücklich ist und gerne wieder in Österreich spielen würde, wurden vor allem Augenzeugen von Tormannfehlern. Rapid-Keeper Lukse ist noch keine Nummer eins, wie schon beim 0:2 am 11. November machte er auch diesmal keine glückliche Figur. Ein folgenschwererer Patzer unterlief Austrias Safar, der den Ausgleich durch Erwin Hoffer ermöglichte. Der gebürtige Ungar wollte nach dem Schlusspfiff im Erdboden versinken, verlegen stellte er sich selbst an den Pranger: „Mein Fehler hat den Sieg gekostet – ein klassisches Blackout.“ Safar genierte sich richtiggehend, seine Bereitschaft zur Selbstkritik zeichnet ihn jedoch aus. Und macht den vielleicht besten Torhüter der Liga auch zum Musterprofi.

Trainer ist kein Lehrer

Für die Austria waren es zwei verlorene Punkte, Rapid durfte sich als moralischer Sieger fühlen. Karl Daxbacher zeigte sich vor allem über die Art und Weise der Gegentreffer enttäuscht. Peter Pacult wiederum wird sich während des Winters über seine Hintermannschaft Gedanken machen müssen. Die Tormannfrage ist nicht gelöst, Tokic ist nicht mehr so souverän wie früher, Ketelear keine Augenweide, Patocka hätte man gegen die Austria auch ausschließen können.

Ein spezieller Fall ist Andreas Dober, immer wieder für Aktionen mit Folgen gut, im eigenen Klub- Journal in einer großen Geschichte aber als Held gefeiert. Kontraproduktiv. Pacult: „Aber ich bin kein Lehrer, der jemanden erzieht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2008)

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