"Es ist das System, nicht der Einzelne", sagt Franz Beckenbauer. Die europäischen Gegner von Joseph Blatter kritisiert er scharf.
Franz Beckenbauer hat FIFA-Präsident Joseph Blatter trotz des erschütternden Korruptionsskandals im Fußball-Weltverband in Schutz genommen. "Es ist das System, nicht der Einzelne", sagte der deutsche "Fußball-Kaiser" am Samstag. Davor hatte Beckenbauer in einem Zeitungsinterview Blatter gelobt und den Gegenspielern des Schweizers von der UEFA eine schlechte Strategie bescheinigt.
Der Weltverband sei eine "Ansammlung von Funktionären", die auch ein FIFA-Chef unmöglich alle kennen könne, sagte der Ehrenpräsident des FC Bayern München. "Er wird nicht unbedingt wissen, wer die Leute sind, die in den Verbänden gewählt wurden - aus Samoa oder Virgin Islands oder sonst was", sagte das frühere FIFA-Exekutivkomitee-Mitglied. Zu "Unebenheiten" werde es weiter kommen, "solange es Menschen gibt mit dieser Einstellung und diesem Charakter", erklärte er mit Blick auf die am Mittwoch in der Schweiz verhafteten Funktionäre.
"Blatter hatte leichtes Spiel"
In einem Interview der "Thüringer Allgemeinen" hatte er zuvor gemeint, "Blatter ist ohne Zweifel eine starke Persönlichkeit, die ein gewaltiges Standing in der Welt besitzt." Die europäischen Gegenspieler kritisierte er dagegen scharf. "Die UEFA hat ja noch nicht einmal einen eigenen Kandidaten vorzuweisen. Wenn ich etwas ändern will, dann muss ich eine Alternative anbieten", sagte Beckenbauer.
Blatter habe letztlich leichtes Spiel gehabt. "Er hat ja im Grunde immer nur die Europäer gegen sich, sofern die überhaupt in der Lage sind, geschlossen aufzutreten."
Blatter: "Kein Bruch mit Uefa"
Blatter selbst erwartet keinen endgültigen Bruch mit der Europäischen Fußball-Union. "Die UEFA gehört zur FIFA, sie brauchen die FIFA und die FIFA braucht die UEFA", sagte der Präsident des Weltverbands am Samstag in Zürich. Auf der Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees habe einer der europäischen Vertreter zuvor erklärt, die beiden Dachverbände müssten sich "zusammenraufen".
Die UEFA hatte sich vor dem FIFA-Kongress klar gegen Blatter positioniert und dessen Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein unterstützt. UEFA-Präsident Michel Platini hatte Blatter nach dem jüngsten Korruptionsskandal zum Rücktritt aufgefordert und sogar mit einem WM-Boykott gedroht. "Wir müssen die WM immer schützen", sagte Blatter dazu. Die Weltmeisterschaften seien eine Haupteinnahmequelle.
Kritik übte Blatter am Verzicht des Engländers David Gill auf den Sitz in der FIFA-Exekutive. Der frühere Club-Direktor von Manchester United war als FIFA-Vize gewählt worden, tritt das Amt aber aus Protest gegen Blatter nicht an. "Wenn man gewählt ist, muss man Verantwortung übernehmen", sagte Blatter. Es gehe nicht an, dass man einfach nicht erscheine. Über seine Gründe habe ihn Gill nicht informiert, erklärte der Schweizer.
(APA/dpa)